Tag 13 (Di, 24.10.2023) Águeda - Branca / 25,0 km
13.00 Uhr. Ich sitze im Bistro eines Intermarché und würde am liebsten hier sitzen bleiben, bis der Regen aufhört. Aber ich befürchte, dass die vorher hier schließen. Ein Stück ist auch noch zu laufen. Ich will noch bis Branca in die Albergue Casa Católico, wo ich mich mit Björn verabredet habe. Der ist mir schon voraus. Ich habe ihm empfohlen, in seinem Schritt zu laufen, statt sich meinem anzupassen. Ich bin ja bekanntlich nicht der Schnellste. Da ist es mir lieber, mein Kompagnon wartet irgendwo gut gelaunt in einer Kneipe auf mich, als vergnatzt an jedem Abzweig.
Ich musste vorhin schon mal in eine Bar, um mich da umzukleiden, da ich bis aufs T-Shirt durchgeweicht war. Ich hatte den Hut statt der Kapuze auf und habe nicht rechtzeitig bemerkt, dass es mir durch die nasse Hutkrempe in den Nacken tropft.
Im Moment ist an ein Weitergehen gar nicht zu denken. Der Regen trommelt hier so stark aufs Hallendach, dass die Leute Mühe haben, sich zu unterhalten. Bei 3,79€ für einen großen Milchkaffee, ein Bier und ein warmes Schinken-Käse-Sandwich kann man sich zur Not noch ein zweites Gedeck kommen lassen. Am Nachbartisch sitzen zwei Pilger, eine junge, große Brasilianerin und ein älterer Asiat, die nach Fátima unterwegs sind und heute eigentlich bis dahin wollten, wo ich herkomme. Die sind auch hier im Supermarkt gestandet und werden wohl hier im Ort bleiben. Ich habe gerade im angepeilten Quartier per Email Bescheid gegeben, dass ich später komme, will mich jetzt aber trotzdem wieder auf den Weg begeben. Es sieht aus, als ob der Regen etwas schwächer geworden ist, zumindest prasselt es nicht mehr auf dem Hallendach.
18.00 Uhr. Ich sitze am Kamin und langsam wird mir warm. Die Sachen hängen neben mir auf dem Wäschetrockner und die Schuhe stehen dicht am Feuer. Auf dem Tisch eine Tasse Kaffee und ein kühles Bier. Halb acht gibt es Abendbrot und danach ein Wannenbad und ein Bett allein in einem Doppelzimmer. Das ist doch ein sehr versöhnlicher Ausklang eines wettermäßig so üblen Tages.
Mir gegenüber sitzt Björn, der ein ganzes Stück früher hier war. Zu verdanken haben wir den Luxus Paolo, der die Herberge betreibt. Es ist ein Eigenheim in Branca, direkt am Camino, das einem 80jährigen Herrn gehört, der es 2019 zur Herberge gemacht hat. Jetzt ist er pflegebedürftig und Paolo hat die Herbergsleitung und die Pflege des Herrn übernommen. Im Haus gibt es drei Doppelzimmer, einen Aufenthaltsraum und die Küche mit offenem Kamin. Alles sehr ordentlich und einschließlich der Getränke und des versprochen Abendbrotes sowie des Frühstücks auf Spendenbasis. Paolo ist gerade dabei, das Abendbrot zu bereiten. Ich bin gespannt, was es gibt. Er hat nur gefragt, ob wir irgendwas nicht essen. Wir sind bisher die einzigen Gäste und es wird wohl kaum noch jemand kommen. Björn hatte uns gestern schon angekündigt und ich habe von unterwegs Paolo eine Email geschickt und mitgeteilt, dass ich nicht aufgegeben habe, sondern nur ein bisschen später komme. Inzwischen habe ich mit Björn die Telefonnummern getauscht, damit wir uns in Fällen wie heute gegenseitig benachrichtigen können. Morgen werden wir auch die gleiche Strecke, vermutlich wieder unterschiedlich schnell laufen.
Ich bin vorhin, aus dem Intermarché kommend, gleich auf der Fernstraße (N1) geblieben, statt den ausgeschilderten Wegen durch die Dörfer und den Wald zu folgen. Die Fernstraße hat einen breiten Standstreifen, auf dem man ganz gut laufen kann und vermutlich sicherer ist, als auf den Dorfstraßen. Da die Dächer hier kaum mal eine Dachrinne haben, tropft das Wasser auf den eh schon schmalen Gehweg und man muss häufig auf die Straße ausweichen, wo beidseits große Pfützen sind oder einem das Wasser entgegen rinnt. Da macht das Laufen noch weniger Spaß, als am Rand der Fernstraße. Von den Waldwegen ganz zu schweigen. Björn ist den ausgeschilderten Weg gelaufen und hat mir Bilder von riesigen, abenteuerlich zu umrundenden Pfützen gezeigt. Die hätte ich nicht haben wollen.
Auf ein paar hundert Metern folgte der Weg der Fernstraße. Da gab es zwar Fußwege, aber an den Bordsteinkanten auch große Pfützen. Die hier Stoßstange an Stoßstange fahrenden LKW‘s haben gar keine Chance, an einer Pfütze abzubremsen oder auszuweichen und folglich schießt laufend ein Wasserschwall über den Gehweg. Einmal ist mir das Wasser bis ins Gesicht und oben in die Jacke gespritzt, so dass auf einem Schlag das T-Shirt nass war. Das war aber zum Glück kurz vorm Ziel. Jetzt ist am Leib alles trocken und auch die Sachen auf dem Wäschetrockner werden langsam trocken. Nun ist es richtig gemütlich.

Camino Portugues Central - Tag 13