Es ist Mittwoch, der 25. August 2021. Heute will ich meine Wanderung auf dem Jakobsweg entlang der Via Imperii fortsetzen. In der letzten Woche bin ich von Bernau nach Berlin gelaufen, heute ist die Etappe von Berlin nach Teltow dran. Der Etappenstart ist am Brandenburger Tor.
Da ich bei der vorigen Etappe bedauert habe, dass nicht die Marienkirche als Etappenpunkt gewählt wurde, will ich die älteste noch in Betrieb befindliche Kirche Berlins heute nicht ganz ignorieren. Ich fahre deshalb mit der S-Bahn nur bis zum Alex und laufe an der Marienkirche vorbei und über die Straße „Unter den Linden“ zum Brandenburger Tor.
Auf dem „Platz des 18. März“ auf der Westseite des Tores bin ich wieder auf dem ausgewiesenen Jakobsweg und folge diesem nach Süden.
Viel ist an diesem Morgen noch nicht los. Die Touristen sitzen noch beim Frühstück.
Der Blick geradeaus fällt auf den Potsdamer Platz, der im Krieg weitestgehend zerstört wurde und bis zur Wieder­vereinigung ein Schattendasein im bzw. am Mauerstreifen geführt hat. Dann fing die Bauerei dort an und die Häuser konnten nicht hoch genug werden. Statt kaputte Züge zu ersetzen, Bahnhöfe zu erhalten und Gleise zu legen hat sich da auch die Deutsche Bahn einen Bürotempel gebaut, der zumindest von dieser Site gesehen alle anderen überragt.
Der Weg führt vorbei am Denkmal für die sechs Millionen ermordeten Juden Europas, kurz Holocaust-Denkmal genannt. Es ist in begehbares Feld unterschiedlich hoher Betonquader, die von der Seite gesehen wie ein wogendes Getreidefeld oder ein bewegtes Meer aussehen, aber auch ganz andere, individuelle Deutungen zulassen.
Beim Blick zurück sehe ich, dass auf dem Brandenburger Tor die Quadriga inspiziert wird. Vielleicht ist der TÜV fällig?
Südlich angrenzend haben verschiedene Landesvertretungen ihren Sitz, z.B. die Hessische, auf deren Gelände sogar Wein angebaut wird. Bei dem grünen Männchen, das 25 Jahre Deutsche Einheit symbolisieren soll, bin ich mir nicht sicher, ob das ein Ampelmännchen ist, oder „Erich auf der Flucht“. Eine gewisse Ähnlichkeit weisen Hut und Gesichtszüge auf.
Am Potsdamer Platz dominieren (von links nach rechts) der Forum-, der Kollhoff und der Bahntower. Zwischen den letztgenannten ist das Sony-Center mit seinem zeltartigen Dach zu sehen und vor dem Bahntower der etwas einfallslose Glaskasten des Bahnhofs Potsdamer Platz. Die Mauerteile davor werden später am Tag wieder von hunderten Touristen aus aller Welt beäugt und begrapscht werden.
Neben vermeintlicher Kunst steht auf dem Platz auch ein seltsam anmutender fünfeckiger Turm mit bunten Lampen, in dessen Spitze sich eine verglaste Kanzel befindet. Das ist angeblich eine der ältesten Verkehrsampel der Welt, die ab 1924 den Verkehr auf den hier zusammen treffenden Straßen regeln sollte. Jetzt sind hier weite Flächen den Fußgängern vorbehalten, die gern zum Einkaufsbummel oder zum Schlemmern in dieses neue Quartier kommen.
Nach Süden hin schließt sich der Tilla-Durieux-Park an, der von der Linkstraße und der Gabriele-Tergit-Promenade flankiert wird und bis zum Landwehrkanal reicht. Tilla Durieux (1880 bis 1971) war eine österreichische Schauspielerin, Gabriele Tergit (1804 bis 1982) eine deutsch-britische Schriftstellerin und Journalistin. Die einprägsamen Namen, die unbedingt im Stadtplan verewigt werden mussten, waren übrigens in beiden Fällen nur Pseudonyme.
Auf den Straßen am Park ist nur wenig Verkehr, so dass man hier gut spazieren kann. Auf der linken Seite befindet sich neben Bürogebäuden ein Hotel mit dem Namen „Scandic“, was wohl den lebensgroßen Elch vor der Tür begründet.
Hinter den Häusern kommt die U-Bahn aus der Erde und hat dort auch ihren Bahnhof Mendelssohn-Bartholdy-Park.
Der Tilla-Durieux-Park stößt auf das Reichpietschufer, das den 1850 eingeweihten Landwehrkanal begleitet.
Der Jakobsweg führt auf der Köthener Brücke über den Kanal, gleich daneben, aber eine Etage höher, fährt die U-Bahn von besagtem Bahnhof über den Kanal und dann auf Stelzen weiter bis zum Bahnhof Gleisdreieck.
Parallel zu dieser Hochbahntrasse befindet sich das langgestreckte Parkhaus Gleisdreieck (oben links), das zwar an beiden Enden guten Zugang zur U-Bahn hat, aber nicht der beste Ausgangspunkt für Spaziergänge in der City ist. Darum war es selten völlig ausgelastet, was wohl den Eigentümer dazu bewog, eine Hälfte des Parkhauses zu einem Wohnhaus um­zubauen. Jetzt schauen statt Autohecks sechs großzügig verglaste und mit durch­gängigen Balkonen versehene Etagen auf den Park am Gleisdreieck, in den unser Weg führt.
Der Park wird links vom Parkhaus bzw. von der Bahntrasse flankiert und rechts von Neubauten. Es dominiert der Rasen, auf dem aber Schatten spendende Bäume verteilt sind.
Zwischendurch immer wieder asphaltierte Weg, Sitzgruppen und Fitness-Parcours. Und tatsächlich wird hier an jeder Ecke Sport getrieben. Die Sportschuhe hängen griffbereit.
Was man nicht gleich mitbekommt: Unter dem Park verläuft der insgesamt fast 3,6 km lange Nord-Süd-Tunnel, durch den die vom Südkreuz kommenden Fernzüge zum Potsdamer Platz und weiter zum Hauptbahnhof fahren bzw. von dort kommen.
Dort, wo der Park einen leichten Knick nach rechts macht, sieht man links die südliche Ausfahrt des Tunnels und mit etwas Glück auch mal einen ICE, der durch den Tunnel braust.
Über den Park hinweg führen zwei U-Bahn-Linien, die sich am Gleisdreieck kreuzen: zunächst die U1, die rechts in der Häuserzeile verschwindet und zur Kurfüstenstraße abtaucht (oben), und ein Stück weiter die aus Pankow kommende U2 (unten), die vorbei an der Lutherkirche in der Dennewitz­straße (rechts) als Hochbahn auf der Bülowstraße verkehrt.
Gleich hinter der zweiten U-Bahn-Brücke tauchen plötzlich zwei S-Bahn-Linien auf, die vom Anhalter Bahnhof kommen und sich noch unter der Erde trennen: die S2/S25/S26 nach Blankenfelde bzw. Teltow und die S1, die zum Wannsee fährt.
Wenn man sich wie vorgesehen im Park immer ganz links hält, bekommt man davon nichts mit. Dann landet man links von der Fernbahn und gelangt auf eine der Yorckbrücken. Wenn man hingegen mitten im Park flaniert, steht man plötzlich zwischen den beiden auftauchenden S-Bahn-Linien.
Dann muss man sich an einem Baumarkt vorbei bis zur Yorckstraße vorkämpfen, wo man mit dem spektakulären Blick unter den Yorckbrücken hindurch entschädigt wird.
Einst überspannten etwa 45 Eisenbahnbrücken die Yorkstraße, jetzt sind es „nur“ noch 29 und von denen vier für die beiden S-Bahn-Trassen, vier für die Fern- und-Regionalbahn und eine für das Anschlussgleis des Technikmuseums benutzt werden. Über eine weitere führt der Wanderweg durch den Park am Gleisdreieck, dem unser Jakobsweg folgt. .
Wer sich wie oben geschildert verlaufen hat, gelangt auf der Südseite der Yorkstraße ganz leicht über eine Treppe oder Rampe auf den Weg, der über eine der Yorckbrücken kommt.
Zuvor kann er sich auf Infotafeln über die Yorckbrücken informieren - und über den Anhalter Bahnhof, dem sie als Zufahrt dienten. Oben angekommen bietet sich ein schöner Blick zurück zum ehemaligen debis-Gebäude (jetzt „Berliner Atrium Tower“) am Südende der Potsdamer Platz Arkaden.
Der Park südlich der Yorckbrücken heißt Dora-Duncker-Park und ist bestückt mit einer Vielzahl alter Gleise, die zum Teil schon überwuchert und mit Bäumen bestanden sind. Für die Gestaltung des Parks gab es 2006 einen Wettbewerb, 2014 wurde die Umsetzung des Sieger-Entwurfes eingeweiht.
Unter der Monumentenbrücke schwenkt der Weg durch den Park nach links und überquert ein Anschlussgleis, welches das Technikmuseum mit seinem Lokdepot verbindet.
Der Weg verläuft zu Füßen der roten Häuser in der Straße „Am Lokdepot“. 16 einheitlich gestaltete Häuser beherbergen 220 Wohnungen. Die ersten wurden 2014 fertiggestellt.
Ein Blick ins Lokdepot des Technikmuseums ist leider nicht möglich. Und auch die zwei Sportler unten rechts beschwören vergebens die Tore des Depots, sie bleiben zu.
Am Ende der Straße „Am Lokdepot“ führt eine lange breite Brücke hinauf zur Dudenstraße. Vor dem Aufstieg fällt der Blick noch auf einen ICE, der hinter dem Lokdepot verschwindet, und auf seinen schwarzen, dampfenden Bruder, der eine Trafostation an der Treppe ziert.
Die Kolonnenbrücke, auf der man landet, wenn man sich oben angekommen gleich nach rechts wendet, bietet Ausblicke, die nicht nur Eisenbahnliebhaber begeistern. Auf der einen Seite schaut man in Richtung Potsdamer Platz, auf der anderen Seite fällt der Blick auf den Bahnhof Südkreuz.
Bevor es über die Kolonnenbrücke geht, mache ich aber noch einen kurzen Abstecher in die General-Pape-Straße.
Da steht, leider hinter Büschen versteckt, der sogenannte Schwerbelastungskörper - ein riesiger grauer Betonzylinder (14 m hoch und 21 m Durchmesser), der Anfang der 1940er errichtet wurde, um die Tragfähigkeit des märkischen Bodens zu testen. Hintergrund waren Pläne der National­sozialisten, in Berlin gewaltige Prunkbauten zu errichten.
Nun geht es über die Kolonnenbrücke in die gleichnamige Straße. Dabei wird eine weitere Bahntrasse überquert: die der S-Bahn vom Potsdamer Platz über den Anhalter Bahnhof und den Bahnhof Yorckstraße zum Südkreuz.
Vor mir liegt rechts die St.-Elisabeth-Kirche und links, hinter einem Wohnblock, der Friedhof der Zwölf-Apostel-Gemeinde.
An der nächsten Kreuzung geht es in die Naumannstraße, die ein ganzes Stück von der Mauer des Zwölf-Apostel-Friedhofs begleitet wird. Ein verschlossenes Tor gewährt einen Blick.
Auf der anderen Straßenseite führt rechts eine kleine Straße zum Gustav-Müller-Platz, auf dem die 1912 errichtete neobarocke Königin-Luise-Gedächtniskirche steht.
Die Naumannstraße hat selbst auch eine Rarität zu bieten: ein gut erhaltenes und offenbar gepflegtes „Café Achteck“. Ein Pissoir, wie es früher überall in der Stadt zu finden war.
Da konnte man sich auf dem abendlichen Weg von der Kneipe nach Hause erleichtern und wenn man wollte, auch nette Bekanntschaften machen. Bei den wenigen Kneipen, die es heute noch gibt, reichen die Parkanlagen für solche Bedürfnisse völlig aus.
Am Bahnhof Südkreuz stellt man fest, dass da außer Bahnhof eigentlich gar nichts ist. Zumindest nichts, was man im weitesten Sinne als Bahnhofsviertel bezeichnen kann. In diesem Glaskasten, der die Kreuzung der Ringbahn (obere Etage) mit der Anhalter und Dresdner Bahn (untere Etage) überdeckt, findet der Wanderer aber wenigstens ein paar kleine Geschäfte und Imbiss-Stände.
Die Fahrer der Elektrobusse, die zwischen dem Zoo und hier verkehren finden zudem vor dem Bahnhof eine „Tankstelle“, bei der man nicht mehr mit einem störrischen Kabel hantieren muss, sondern zum Laden nur (wenn man richtig steht) eine Platte unterm Bus fallen lassen muss. Lt. BVG geht das Laden schneller als bei einer elektrischen Zahnbürste. Keine Kunst, die hat ja vom Schlafengehen bis zum Aufstehen Zeit, neue Kraft zu schöpfen.
Ein Fuß- und Radweg führt vom Parkplatz vor dem Bahnhof parallel zu den Gleisen über den viel befahrenen Sachsendamm, der lange Jahre nicht aus den Verkehrsnachrichten weg­zudenken war, und die Stadtautobahn A100. Dahinter führt er direkt in den Hans-Baluschek-Park, der sich entlang der S-Bahn-Gleise nach Süden erstreckt. Wer keinen „Baluschek“ über dem Sofa zu hängen oder im Bücherregal zu stehen hat, sollte wenigstens wissen, dass Hans Baluschek (1870-1935) ein deutscher Maler, Grafiker und Schriftsteller war
Am Eingang des Parks macht die seit 10 Jahren bestehende Jakobusgesellschaft Brandenburg-Oderregion darauf aufmerksam, dass man sich hier auf dem Jakobsweg befindet und nur noch 2963 km vor sich hat.
Der Weg führt jetzt, nur durch einen begrünten Zaun von der S-Bahn getrennt immer geradeaus. Rechts sind ausgedehnte Kleingartenanlagen und mittendrin der IV. Städtische Friedhof Schöneberg, dessen Friedhofskapelle (unten rechts) gut zu sehen ist. Auf der linken Seite führt eine Treppe über die S-Bahngleise zum sogenannten „Südgelände“, einem riesigen, überwucherten Verschiebebahnhof, der durch mitunter sehr originell angelegte Wege erlebbar gemacht wurde und auf jeden Fall sehenswert ist.
Der durch den Park führende „Grüne Hauptweg“ Nummer 5 ist nicht nur bei Skatern beliebt, denn an vielen Stellen gibt es kleine Rastplätze und Möglichkeiten, Sport zu treiben.
Am S-Bahnhof Priesterweg treffe ich auf eine nicht zu übersehende Jakobsweg-Markierung: einen blauen Stromkasten mit der gelben Jakobsmuschel. Eine tolle Idee!
Kurz hinter dem südlichen Ausgang des S-Bahnhofs Priesterweg ist der Prellerweg erreicht, hinter dem sich der „Insulaner“ erhebt. Der Jakobsweg führt über die Straße, ein Stück nach links und dann in die Sembritzkistraße bzw. den Weg, der sie durch den Wald begleitet.
Wer sich hier zu weit rechts hält, wird bald in den Waden spüren, dass er sich auf dem Weg zur Sternwarte ganz oben auf dem 78 Meter hohen, 1946-51 aufgeschütteten Trümmerberg befindet. Seinen Namen hat der Berg übrigens vom gleichnamigen Kabarett, das der RIAS ausstrahlte. Schöneberger Schulklassen hatten ihn seinerzeit vorgeschlagen.
In der Sembritzkistraße treffe ich nicht nur auf einen weiteren blau-gelben Stromkasten, sondern in einer kleinen Parkanlage auf ein vollständig zum Thema Jakobsweg bemaltes Trafohaus (unten). Der etwas verrückte Pilger, der da vollgepackt durch die Gegend zieht, ist mir, so glaube ich, sogar schon mal persönlich begegnet. Tolle Idee und prima ausgeführt! Hoffentlich entdecken die Graffiti-Sprayer nicht so schnell dieses schmucke Trafohaus.
Von der Sembritzkistraße geht es in die Grabertstraße, die auf den Steglitzer Damm trifft, auf dem man nach links, am Bahnhof Südende vorbei, die Gleise der Anhalter- bzw. Dresdner Bahn überquert. Ein blau-gelber Stromkasten tröstet, dass es jetzt nur noch 2960 km bis Compostela sind.
Man kann nun entweder den Steglitzer Damm weiterlaufen oder einen kleinen Umweg über die Eilwanger Straße machen, in der man auf die moderne Kirche „Südende“ trifft.
Beide Wege führen zum S-Bahnhof Attilastraße, der gerade in eine große Baustelle eingebettet ist.
Die sogenannte Dresdner Bahn, die am Flughafen BER vorbeiführen soll und nach den Wünschen vieler Experten schon zu dessen (ursprünglich geplanten) Eröffnungstermin hätte fertig sein sollen, wird nun endlich ausgebaut.
Vorhandene Brücken der Dresdner Bahn werden erneuert (wie hier am S-Bahnhof Attilastraße) und Bahn­übergänge werden durch Brücken oder Unterführungen ersetzt.
Der Teltowkanal, den S-Bahn, Dresdener Bahn und der Jakobsweg auf separaten Brücken überqueren, ist momentan nicht entlang der Bahn, sondern nur über einen kleinen Umweg zu erreichen. Am Kanal angekommen ist halb links die Einfahrt zum ehemaligen Gaswerks-Hafen zu sehen.
Die Brücke über den Teltowkanal, die den Jakobsweg trägt, heißt Mariendorfer-Hafen-Steg und der dahinter schnur­geradeaus entlang der Bahn bzw. der Bahnbaustelle führende Weg heißt folgerichtig Mariendorfer-Hafen-Weg.
Der leidgeprüfte (Rand-) Berliner ist hocherfreut zu sehen, dass hier auf der Baustelle sogar gebaut wird.
Links vom Weg findet sich ein Biergarten vor einem gut hergerichteten Gaswerksgebäude. Der Name „Brewdog“ am Zaun deutet darauf hin, dass es sich um eine Brauerei handelt. Welche Rolle ein Hund bei der Bierherstellung spielen könnte, wage ich nicht, mir vorzustellen.
Das Gasometer am Ende des Weges gehörte ebenfalls zum Gaswerk Mariendorf, das 1901 als größtes Berliner Gaswerk in Betrieb ging und bis 1996 Stadtgas lieferte.
Am Gasometer stößt der Weg auf den Kamenzer Damm. Dort geht es rechts über die Lankwitzer Brücke, von der aus man sich ein Bild von den Bauarbeiten bei der Bahn machen kann. 300 m weiter biegt der Jakobsweg in die Kleingartenanlage Alt-Lankwitz, in der es noch an vielen Stellen blüht.
Am Keffenbrinkweg endet die Kleingartenanlage und der Weg taucht in eine ebenfalls langgestreckte Parkanlage ein. An der kreuzenden Belßstraße kann man leicht einen Blick in das Wohngebiet werfen, durch das sich die Parkanlage zieht.
Der Weg stößt auf die Preysingstraße, die nach Kardinal Konrad Graf von Preysing (1880 bis 1950) benannt ist, der von 1935-50 Bischof von Berlin war und sich öffentlich gegen das Unrecht der Nationalsozialisten ausgesprochen hat.
An der Preysingstraße fällt der Blick rechts auf ein großes Parkhaus (oben Mitte), das man hier im Grünen nicht erwartet hätte. Es gehört zum „Geo Campus“ der Freien Universität.
Hier sind die Institute für Geologische und für Geographische Wissenschaften untergebracht. Das leere Parkhaus deutet darauf hin, dass Semesterferien sind und Corona herrscht.
Der Weg führt an der Preysingstraße geradeaus weiter und stößt nach einem Rechtsbogen auf die Malteserstraße. Dort geht es nach links und dann auf dem grünen Berliner Haupt­wanderweg Nr. 5 über den evangelischen Lutherfriedhof.
Das Ensemble aus Tor, Kapelle und Verwaltungsgebäude des Friedhofs steht unter Denkmalschutz.
Am südwestlichen Friedhofstor angekommen geht es nach links in die nächste Grünanlage, wobei man wieder von Steglitz-Zehlendorf nach Tempelhof-Schöneberg gelangt.
Rechts wird die Anlage von einem Wohngebiet begleitet, links ist ein Gewerbegebiet, wobei man von Beidem nicht viel mitbekommt. Nach einem Doppelknick führt der Weg an der katholischen Schule St. Hildegard und an zwei Teichen vorbei, bevor er auf die Dr.-Jakobsohn-Promenade trifft.
Auf der anderen Seite der Promenade führt der markierte Weg durch ein Gartentor in eine Wohngebiet, umrundet das Parkhaus und verläuft dann begleitet von Spielplätzen längs eines Neubaublocks parallel zur Maximilian-Kaller-Straße.
Am Ende des Wohngebietes steht quer ein Haus auf Stelzen, zwischen denen man wieder zu einer von hohen Neubauten umstandenen Parkanlage mit einem großen Spielplatz in der Mitte gelangt, die nach links zur Hildburghauser Straße führt.
An der Hildburghauser Straße geht es geradeaus weiter in den nächsten Park, und dort (Achtung!) nach 150 m scharf rechts aus dem Park heraus zum Lichterfelder Ring.
Dort geht es geradeaus durch eine Stadtrandsiedlung.
Hinter der Gaststätte „Carpe Diem“ (oben rechts) zweigt links der Jenbacher Weg ab, der kurz darauf nach rechts abbiegt und endlos lang begleitet von einer Kleingartenanlage und einem Wäldchen geradeaus führt. Dieses Wäldchen ist der ehemalige Mauerstreifen, das heißt, der Jenbacher Weg verlief bis vor dreißig Jahren direkt an der Mauer entlang.
Durch das Wäldchen verlaufen verschiedene Trampelpfade, auf denen man zum Berliner Mauerweg gelangt.
Der Mauerweg verläuft auf dem Postenweg der ehemaligen Grenzanlage. Links vom Weg (zum „Osten“ hin) waren Zäune und Sperranlagen, rechts davon der glatt geharkte Schutzstreifen und dahinter dann die eigentliche Mauer.
Am Mauerweg gibt es offizielle Infotafeln, aber auch privat aufgestellte Tafeln mit Bildern und Texten zur Maueröffnung.
Etwa hier habe ich im Juni dieses Jahres die letzte Etappe der Südroute des Jakobsweges von Frankfurt (Oder) nach Teltow beendet und mich zum Bahnhof Lichterfelde Süd begeben, wohl wissend, dass ich auf der heutigen Etappe Berlin-Teltow der Via Imperii hier wieder vorbeikommen und zum Beispiel die viel gepriesene Kirschenallee sehen werde.
Der Mauerweg kreuzt die Osdorfer Straße, auf der momentan neue Abwasserleitungen verlegt werden, und führt weiter geradeaus, jetzt rechts begleitet von einem „Parks Range“ genannten ehemaligen Truppenübungsplatz der U.S. Army. Im Zweiten Weltkrieg befand sich hier übrigens ein Kriegsgefangenenlager, in dem 1941 etwa 18.000 Franzosen untergebracht waren. Ende 1944 waren es fast 29.000 Gefangene, darunter auch Briten, Serben, Italiener und Sowjets. Der dichte Wald erlaubt es leider nicht einen Blick auf das Gelände zu werfen.
Dort, wo die Stadtgrenze und damit auch der begleitende Mauerweg scharf rechts abbiegen, führt links ein Weg über freies Feld zur Mahlower Straße, die Teltow mit dem Logistikzentrum Großbeeren verbindet und weiter nach Blankenfelde-Mahlow führt.
Der nunmehr nach Nordwesten führende Mauerweg wird auf etwa 1,5 km Länge von über 1000 Kirschbäumen in mehreren Reihen begleitet, über deren Herkunft die Bronzetafel an einem großen Findling Auskunft gibt:
Kirschbäume gespendet von japanischen Bürgern
aus Freude über die Vereinigung unseres Volkes,
unterstützt von TV Asahi Network,
gepflanzt vom Sakura-Organisationskomitee. April 1996
Zur Zeit der Kirschblüte Ende April muss es herrlich sein, hier entlang der „Kirschblütenallee“ zu spazieren. Dann fällt es sicher besonders schwer sich vorzustellen, dass hier einst eine von Soldaten mit Schießbefehl bewachte Mauer war, die Westberlin vom Brandenburger Umland trennte. Auf der o. g. Tafel am Stein befindet sich übrigens noch folgender Spruch:
Unter den Zweigen der Kirschbäume in Blüte
ist keiner ein Fremder hier.
Der Mauerweg läuft direkt auf die Anhalter Bahn zu, unterquert diese sowie die S-Bahn nach Teltow Stadt und wird dahinter wieder von Kirschbäumen begleitet. Mittendrin kreuzt mal eine Straße den Weg, an der einem anhand der Ortsein- und -ausgangsschilder erst richtig bewusst wird, dass man auf der Grenze zwischen Teltow (Landkreis Potsdam-Mittelmark im Land Brandenburg) und Berlin unterwegs ist. Wer nach dem Wandern unter Kirschbäumen noch Bewegungsdrang verspürt, kann sich auf ein paar Fitness-Geräten an der Lichterfelder Allee austoben - oder wie ich entlang des Teltowkanals in die Altstadt von Teltow laufen.
Die Verlängerung der Kirschblütenallee stößt etwa 300 Meter hinter der Lichterfelder Allee auf einen Fuß-/Radweg, der dicht am Ufer des Teltowkanals entlang führt.
Auch das ist ein Mauerweg, denn der Teltowkanal war ja Teil der Grenze. Nur wenigen Teltowern war es von 1961 bis 1989 vergönnt, einen Blick auf „ihren“ Kanal zu werfen.
Hier verlaufen außer dem Mauerweg und zwei Jakobswegen (Südroute und Via Imperii) noch ein regionaler Wanderweg und der BUGA-Weg, der zur Potsdamer Bundesgartenschau 2001 angelegt wurde und vom S-Bahnhof Lichterfelde Süd bis zur Glienicker Brücke in Potsdam führt.
Kurioserweise berührt er nicht das damalige BUGA-Gelände.
Links wird der Weg überwiegend von einem schmalen, aber dichten Wald begleitet, in dem aber ein Sturm gewütet hat.
Auf der rechten Seite trennt ein Streifen aus Bäumen und Sträuchern den Weg vom Teltowkanal. Nur selten gibt es einen offiziellen Weg ans Wasser, meist sind es Trampel­pfade, die Angler hinterlassen haben. Viel gibt es leider am Kanal nicht zu sehen: das gegenüber liegende Ufer ist lückenlos begrünt und Schiffe sind gerade keine unterwegs.
Auch hier trifft man wiederholt auf Stelen am Weg, auf denen allgemeine Erklärungen zum Verlauf der Mauer zu finden sind und wo auf einzelne Opfer der Mauer eingegangen wird. Hier wird zum Beispiel eines Zwanzigjährigen gedacht, der 1963 beim Durchschwimmen des Teltowkanals vom Osten in den Westen von Grenzposten erschossen wurde.
Kurz vor der Knesebeckbrücke über den Kanal lichtet sich der Wald und der Turm der Teltower Kirche erscheint. Der Weg führt vorbei an einem mit Stadtansichten verzierten Pumpen­haus und biegt dann nach links in die Teltower Altstadt.
Von hier kommt man übrigens mit dem Bus X10 bis zum Zoo, wenn man hinter der Brücke einsteigt, sogar zum Tarif AB.
In der Altstadt fallen einem die vielen Blumenampeln an den Laternen auf, die von namentlich genannten Firmen, Vereinen und Einzelpersonen gesponsert wurden.
Auf dem Marktplatz vor dem Rathaus steht ein Denkmal für den Landrat Ernst von Stubenrauch (1853-1909), dem die Stadt den Teltowkanal zu verdanken hat (links unten).
Nur ein paar Meter weiter steht die St.-Andreas-Kirche, die im 13. Jahrhundert erbaut wurde, wiederholt gebrannt hat und 1801 vollständig abgebrannt ist. Nach dem Wiederaufbau, an dem Karl Friedrich Schinkel beteiligt war, wurde die Kirche 1812 wieder eingeweiht. 1910 wurde die Kirche innen leider so umgebaut, dass von Schinkel nichts mehr zu erkennen ist.
Eisenplatten mit Laserschnitt im Pflaster und rund um einen Baum vor der Kirche nennen wichtige Namen und Daten der Stadtgeschichte und geben sogar die Urkunde von 1265 wieder, in der Teltow erstmals erwähnt wurde.
Der nach einem Schwelbrand im Jahre 2009 im Stil von 1910 sanierte Innenraum der Kirche ist Geschmackssache.
Zu meiner Überraschung und großen Freude ist die Kirche nicht nur geöffnet, sondern auch für eine Andacht mit einem kleinen Orgelkonzert vorbereitet. Bis zum Beginn um 18 Uhr sind es nur noch ein paar Minuten, die ich gern warte.
Die mit Glockengeläut eingeleiteten Worte des Pfarrers und die Orgelmusik sind ein guter Abschluss meiner heutigen Pilgertour, die ansonsten doch nur eine Wanderung war.
Es war wieder ein sehr abwechslungsreicher Tag, der unter Hochhäusern begann, durch überwucherte Bahnanlagen und schöne Parkanlagen führte, der auf dem Mauerweg jüngere Geschichte in Erinnerung brachte und beim Gang über den Friedhof die Endlichkeit des hiesigen Wanderns aufzeigte.
Mit dem X10 ging es nach Zehlendorf, dann mit der S-Bahn nach Ahrensfelde und von dort mit dem Auto nach Hause.

Via Imperii - Berlin-Teltow