Unterwegs auf dem Camino del Norte
Von Sobrado dos Monxes nach A Calle de Ferreiros

Tag 29 (Montag, 3.4.2023) von Sobrado dos Monxes nach A Calle de Ferreiros

Heute Morgen war in unserem Refugio im Kloster von Sobrados lange Ruhe, bis um 7.15 Uhr draußen die Glocken läuteten, wahrscheinlich um die Mönche zum Morgengebet zu rufen. Eine gute Zeit, aufzustehen. Ich hatte nicht viel zu packen und bin dann in die Küche, wo bereits Hubert und Caroline, die beiden Franzosen aus der Dorgogne (nahe Bordeaux) beim Frühstück saßen. Von gestern Abend standen da noch Brot und Butter sowie eine Schachtel mit vier vermeintlich kaputten Eiern. Wie eine nähere Untersuchung ergab, war nur eins defekt, die anderen waren nur festgeklebt. DIE Chance, zu einem Frühstücksei zu kommen, und dann noch zu einem, in denen man unsere XL-Eier verstecken kann. Also, Topf raus, Wasser rein, auf dem Induktionsherd in Kürze zum Kochen bringen, Eier rein und Timer auf dem Smartphone auf 6 Minuten stellen - und vergessen zu starten. So waren es vermutlich ein paar Minuten mehr, was nicht schadete. Die Eier waren auf den Punkt richtig! Hubert hat eins abbekommen (Caroline wollte nicht) und hat mir im Tausch ein paar Scheiben Schinken abgegeben. Zusammen mit dem Inhalt der Kaffee-Tütchen aus dem Supermarkt (dieses Mal kein kastrierter Kaffee) ergab das ein köstliches Frühstück.

Als ich los wollte, kam Alex dazu, der aber später unterwegs was Essen wollte. Da der ein wenig Probleme mit Füßen und Beinen hat, konnte er mir mal nicht wegrennen und wir sind ein ganzes Stück zusammen gelaufen. Als dann in Boimorto die ersten Gaststätten auftauchten, haben wir ein Getränk genommen und sind dabei auf Kieran gestoßen, der ja heute noch so weit kommen muss, dass er es bis morgen am frühen Nachmittag zum Flughafen schafft. Ich hatte ihm schon ausgerechnet, dass er, wenn er heute nicht in Arzua aufhört, sondern noch 10…12 Kilometer rauflegt, am Dienstag knapp 20 km bis zum Flughafen hat, der ja noch vor Santiago am Weg liegt. Während Alex, der laufend Hunger hat, noch was Essen wollte, bin ich mit Kieran los. Am Ortsausgang hat man die Wahl zwischen dem „richtigen“ Jakobsweg, auf dem es noch 48 Kilometer bis Santiago sind und einer Alternative, die nur 40 km lang ist, aber wohl nur eine Herberge aufweist, die zudem noch ein ganzes Stück von Santiago weg ist. Er hat sich deshalb mit mir auf den längeren Weg begeben, aber als ich mich nach hundert Metern umgeschaut habe, war er plötzlich weg. Er ist doch auf den kurzen Weg gewechselt, aber wie sich später rausstellte, nach ein paar Kilometern wieder auf den „richtigen“ zurückgekommen. Irgendwie macht er immer einen ziemlich planlosen Eindruck.

Bei einer Rast hat mich dann Alex wieder ein- und überholt, was darauf hindeutet, dass es seinen Beinen wieder besser geht. Er wollte aber trotzdem nur bis Arzua und auf dem Weg von da nach Santiago nochmal einen Zwischenstopp machen. Auch Thomas, der mich irgendwann eingeholt hat, wollte nur bis Arzua, dann aber morgen die 40 km nach Santiago unter die Füße nehmen, so wie ich das im vorigen Jahr gemacht habe, um endlich anzukommen.

Der Pilgerführer weist von Sobrado nach Santiago drei 20-km-Etappen mit Stopps in Arzua und O Pedrouzo aus. Das ist Zeitverschwendung, da kann man auch zwei Etappen draus machen. Ich hatte mir deshalb vorgenommen, heute so weit zu laufen, bis auf den Kilometer­steinen eine Dreißig oder was mit einer Zwei vorn auftaucht, es zu regnen anfängt, mir was wehtut oder ich einfach genug habe. Um 17 Uhr trat in A Calle de Ferreiros alles gleichzeitig auf, nur dass auf dem Kilometerstein noch „31 km“ stand. Aber man soll ja nicht kleinlich sein. Die hiesige 15-Euro-Herberge „A Ponte“ ist sehr ordentlich und hat den großen Vorteil, dass sie auch eine Gaststätte beherbergt, in der ich gerade auf mein Menu de Dia warte.

Wie es aussieht, werde ich nun wohl schon morgen, nach 30 Tagen und damit deutlich früher als geplant in Santiago ankommen. Die 31 km sollten zu schaffen sein. Wider Erwarten sind dort trotz „Semana Santa“ noch einige Herbergen zu guten Preisen verfügbar. Ich habe mir trotzdem schon in einer Herberge im Zentrum ein Bett reserviert, damit ich mich abends nicht auf Suche begeben muss. Es könnte ja durchaus etwas später werden. Da ich nicht die ganze restliche Woche in Santiago verbringen will (zumal am Mittwoch kein „Osterprogramm“ ist), werde ich mich am Mittwoch nachmittags mit dem Bus nach Fisterra begeben, dort übernachten und am Donnerstag zurück nach Santiago fahren. So kann ich (wenn das Wetter mitspielt) am Mittwoch den Sonnenuntergang am Ende der Welt miterleben, der mir beim letzten Besuch nicht gegönnt war.

Camino del Norte - Tag 29