Unterwegs auf der Via de la Plata und dem Camino Sanabrés von Sevilla nach Santiago de Compostela
Tag 17 (Mi, 13.3.2024) Galisteo - Carcaboso / 11,5 km
Am Morgen habe ich noch die leere, inzwischen warme Herberge genossen und mich bis halb acht im Bett gedreht. Dann gab es ein Käffchen mit extremadurischem Fernsehen im Hintergrund. Es lief eine tägliche Liveschaltung aus einem Radiostudio. Die Leute da waren nicht wie fürs Fernsehen verkleidet und haben zwischendurch auch mal an der Nase rumgefummelt, sich gestreckt und auf dem Smartphone rumgetippt. Das war viel sympathischer als die blöden Ratesendungen, die sonst immer laufen. In einer Kneipe lief vorhin eine Sondersendung mit vier vermutlich Prominenten, die über „Salud de Terelu“ debattierten, das heißt die Gesundheit von Terelu (Teresa Lourdes Borrego Campos), einer hier bekannten Fernsehmoderatorin, erörterten.
Ich habe mir dann in aller Ruhe die von einer wuchtigen Mauer umgebene, bestens restaurierte Altstadt von Galisteo angeschaut. Die war zwar alt, jedoch noch nicht so alt, dass sie wirklich sehenswert wäre. Aber es fanden sich schon ein paar enge, verwinkelte Gassen, die sich für ein Foto anboten. Zu dem von weitem sichtbaren Kirchturm fehlte allerdings die Kirche. Davon waren nur Ausgrabungsreste zu sehen. Die zweite Kirche war leider wie alle Kirchen hier verschlossen. Während es hier nicht wie in Bernau oder anderen Städten einen innen an der Mauer entlangführenden Weg gibt, existiert eine außen um die Mauer herum führende Straße, über welche die Häuser erschlossen werden, die draußen an der Stadtmauer „kleben“. Da kann man schön um die Stadt herum laufen, wenn man innen den Aufstieg zum Wehrgang hinter den Zinnen nicht findet oder sich nicht traut, diesen zu erklimmen - ich habe ihn nicht gefunden und jetzt gehört, dass der nur mit eine gewissen Akrobatik zu meistern ist.
Der einzige Ort auf der heutigen kurzen Strecke war Aldehuela de Jerte mit einem winzigen Platz nebst Brunnen als Zentrum, einer verschlossenen Kirche und einem versteckten Kaufmannsladen. Die einzige Gaststätte liegt an der Durchfahrtsstraße. Da die Kirchenglocke gerade „12 Uhr“ verkündet hatte, kam mir der Gedanke, dass dies eine gute Zeit wäre, etwas zu essen oder wenigstens zu trinken. Meine Empörung war aber groß, als die Dame hinter dem Tresen eine 0,2-Liter-Flasche (Bier, nicht Schnaps!) auf denselben stellte. Das müsste man ja mit einer Pipette trinken. Mein Protest hat bewirkt, dass sie eine „große“ Flasche aus dem Kühlschrank holte, was bei uns eine „kleine“ (0,33 Liter) ist. Dazu gab es ein Schälchen Empanadas, die leider wie gebackene Ohrläppchen schmeckten. Nicht nur deshalb bin ich schnell weiter und war kurz vor zwei in Carcaboso, gerade noch rechtzeitig, um im Supermarkt was zum Essen zu kaufen, denn von zwei bis fünf ist hier Totentanz. Gleich nebenan ist die Herberge, wo ich problemlos ein Bett bekommen habe. Es ist zwar alles sehr altmodisch, aber irgendwie auch gemütlich.
Als ich kam, stand die Tür offen, was hier nicht unüblich ist. Ich bin rein, habe meinen Rucksack abgestellt und mich aufs Klo gesetzt, bis (draußen) Geräusche zu hören waren. Der Hospitalero, ein freundlicher Spanier, erschien, hat viel erzählt und mir dann für 13 € (einschließlich Übernachtung) einen Stempel in den Pilgerpass gedrückt. Kurz darauf kamen die bis dahin einzigen Herbergsbewohner, Christel aus Hannover und Sybille aus Königs Wusterhausen von ihrem Spaziergang zurück, und nicht viel später erschienen A, B und C, welche die letzte Nacht in einem Bungalow auf dem Campingplatz von Riobalos zugebracht haben. Die waren wie ich interessiert, von den Frauen zu erfahren, wie es denn heute an der von uns gemiedenen Furt aussah. Die Damen wussten nämlich nicht, was sie erwartet und haben den üblichen Weg genommen. Sie erzählten, dass das Wasser immer noch kniehoch stand und sich keine Umgehungsmöglichkeit fand. Sie sind in Schuhen und mit hoch­gekrempelten bzw. ausgezogenen Hosen da durch und trotz Wanderstock ist Christel bei der starken Strömung ausgerutscht und ins Wasser gefallen. Wir haben also nichts verkehrt gemacht, als wir uns für einen Umweg entschieden haben. Eine ganze Weile haben wir zusammen in der Sonne unter den mit Socken behangenen Wäscheleinen auf der Terrasse gesessen und gequatscht. Die Jungs haben sich dann angeboten, im nahen Supermarkt die Zutaten für ein Abendessen zu besorgen, wobei ich mich gern eingeklinkt habe. Es gab dann auch eine halbe Stunde später auf der Terrasse die ganze Vielfalt der Pilgerküche: die Damen hatten Makkaroni und wir hatten Nudeln.
Es ist zwar noch vergleichsweise früh, aber ich werde mich nun bald ins Bett begeben, da ich morgen zeitig raus will. Der weißhaarige Spanier, den ich noch als Einquartierung bekommen habe, zum Glück auch. Die morgige Etappe ist 38 km lang. Da auf der ganzen Strecke kein Ort ist, gibt es auch keine Möglichkeit, diese zu teilen. Die einzige Alternative ist, etwa auf halber Strecke zum Übernachten in einen 6,5 km entfernten Ort (Oliva de Plasencia) abzu-biegen. Das ergibt dann Etappen von ca. 19,5 und 26,5 km. So werde ich das vielleicht machen. Den dafür zusätzlich erforderlichen Tag habe ich schon rausgearbeitet.

Via de la Plata - Tag 17