
| Unterwegs von Faro nach Huelva und auf dem Camino del Sur von Huelva nach Zafra | ![]() |
|
Tag 0 (Do, 30.11.2025) Hinflug nach Faro
12.00 Uhr. Ich sitze im Flieger von Berlin nach Faro. Von dort will ich nach Huelva und weiter auf dem Camino del Sur laufen. Das ist eine überschaubare Strecke von etwa 300 km, die gut in zwei Wochen machbar sein sollte. Von Faro bis Vila Real de Santo António an der portugiesisch/spanischen Grenze sind es zwei Tage und dahinter, nach dem Übersetzen mit der Fähre, nochmal zwei Tage bis Huelva, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Bis da ist es kein regulärer Jakobsweg, wenn man mal vom Abschnitt Tavira - Vila Real absieht, der zur Via Lusitania gehört, die in Vila Real nach Norden abbiegt und durch das Innere Portugals verläuft. Diesen Weg sollte man vielleicht eher im Sommer laufen.
Für dieses Mal steht bei mir der Camino del Sur (Camino des Südens) auf dem Programm, der in Huelva beginnt und in Zafra in die Via de la Plata mündet, die ich im vorigen Jahr gelaufen bin. Dafür habe ich sieben Tage eingeplant. Wenn ich es in dieser Zeit schaffe, bleiben am Ende noch zwei Tage, um sich in Mérida und Madrid umzusehen. In Mérida war ich zwar schon auf meiner Via de la Plata Tour, aber in dieser alten römischen Stadt mit ehemals 50.000 Einwohnern gibt es so viel zu sehen, dass ich damals gar nicht alles geschafft habe. Nach Mérida und weiter nach Madrid werde ich vermutlich die Bahn nehmen. Am 13.11. geht dann mein Flieger von Madrid zurück nach Berlin.
Da der Camino del Sur ein kaum bekannter und wenig begangener Weg ist, erwarte ich nicht, dass ich da auf andere Pilger treffe, was ich schon vorab bedaure. Ich habe gerade wieder verschiedene Bücher über den Camino Francés und den Camino del Norte gelesen, in denen der Tenor ist, dass es zwar schön, gut und wichtig ist, auch mal längere Strecken allein zu laufen, dass es aber sehr angenehm ist, wenigstens abends auf andere Pilger zu stoßen, mit denen man sich austauschen und evtl. gemeinsam was unternehmen kann. Na, vielleicht will es der Zufall, dass ich doch jemand treffe.
Der Camino ist als solcher in meinem Kartenprogramm eingezeichnet und die Pilger-App „Gronze“ macht zumindest Etappenvorschläge und zeigt deren Profile. Aber Herbergen sind da nicht gelistet. Theoretisch gibt es welche, aber auf der Herbergsliste, die ich mir bei den spanischen „Freunden des Camino“ heruntergeladen habe, ist die Hälfte als „geschlossen“ ausgewiesen. Ich habe die jeweiligen Stadtverwaltungen angeschrieben und gefragt, wie der aktuelle Stand ist. Darauf gab es aber bisher nur wenige Antworten.
Aus den verschiedensten Quellen und aus dem, was booking.com zu bieten hat, habe ich mir in den letzten zwei Tagen eine Unterkunftsliste erstellt, die halbwegs zufriedenstellend ist. Für fast alle angedachten Etappenziele habe ich Unterkünfte für 20…30 € gefunden. Da, wo es scheinbar nur teurere Hotels gibt, muss ich ggf. vor Ort recherchieren. Ich habe eh nicht vor, weit im Voraus zu buchen, vielleicht am Anreisetag oder bestenfalls am Abend zuvor, wenn ich abschätzen kann, wie weit ich komme.
Wie bei vorangegangenen Pilgertouren werde ich es vermeiden, zwischendurch Verkehrsmittel zu nehmen, und mein Gepäck selber schleppen. Letzteres sollte aber kein Problem sein, denn mein wieder auf das knappe Ryanair-Unter-dem-Sitz-Format 40x30x20 cm getrimmter Rucksack wiegt mit Schlafsack, Sandalen, Poncho, Waschtasche und allen Sachen nur 4,1 kg. Das ist mein bisheriger Rekord, auf den ich richtig stolz bin. Alles was ich am Leib habe, inklusive Schuhe, Anorak und Bauchtasche mit dem dicken Portemonnaie, Smartphone, Akku usw. wiegt weitere 2,8 kg. Sollte ich mal die Lust verspüren alles im Rucksack zu verstauen, um nackig und barfuß durch die Gegend zu laufen, hätte ich immer noch unter 7 kg auf dem Rücken.
Die Anreise mit Bus, S-Bahn und FEX zum BER verlief ganz unkompliziert. Vor Ort hatte man dann aber wieder das Zweite-Klasse-Erlebnis eines Ryanair-Benutzers, was aber nicht an dieser Fluglinie liegt, sondern daran, dass diese wie andere Billigflieger von der Flughafengesellschaft drangsaliert wird. Es fängt damit an, dass man an diesem teuren Jahrhundertbauwerk durch den Regen muss, wenn man zum Terminal 2 der Billigflieger will. Später zeigt sich das daran, dass bei den Ryanair-Fliegern der Aus- und Einstieg nur über die flugzeugeigene Treppe an der vorderen Tür erfolgt, obwohl dicht neben dem Flieger eine Flughafen-Gangway für die zweite Tür steht. Vermutlich will der BER dafür mehr Miete haben, als Ryanair bereit ist zu bezahlen. Aber nur so können die ihre Flugpreise halten - ich habe lediglich 24,99 € für den Flug bezahlt, mit Gangway wären das vielleicht ein paar Euro mehr gewesen. Ansonsten lief das Boarding durch Ryanair vorbildlich. Es begann eine Stunde vor Abflug und nach zwanzig Minuten waren alle durch. Für meinen vorsorglich durch Schnur auf Maß gehaltenen Rucksack hat sich keiner interessiert. Der Flieger kam auch pünktlich, aber dann hat leider aus besagtem Grund das Aus- und Einsteigen ewig gedauert.
Aber eine gute Nachricht gibt es vom BER: Als ich an der Schranke mit der Bordkarten-Kontrolle meine Brauseflasche schnell noch leeren wollte, hat mir freundlicherweise ein Mitarbeiter gesagt, dass ich das nicht müsse. Ich soll die Flasche nur im Rucksack verstauen, denn neuerdings müsste ja beim Durchleuchten nichts mehr ausgepackt werden. Es hat geklappt! Da ergeben sich ja ungeahnte Möglichkeiten, die überzogenen Preise im Duty Free zu umgehen. Das werde ich beim nächsten Mal auch mit meinem Lieblingsgetränk in der weißen Büchse probieren, das im Duty Free mittlerweile 2,99 € und an den Imbiss-ständen 5,20 € kostet. Aber vielleicht nehme ich doch lieber eine Flasche mit, um dem Durchleuchter die Arbeit zu erleichtern.
Dieses Mal habe ich nur Hustenbonbons und Tempo-Taschentücher „geschmuggelt“. Seit drei Tagen habe ich eine ordentliche Erkältung und in der letzten Nacht habe ich wegen Schniefen und Husten gar nicht viel geschlafen. Aber deshalb die Reise absagen? Das beste Heilmittel in einem solchen Fall ist doch angeblich die frische Luft und davon werde ich in den nächsten Tagen reichlich haben. Allerdings hat mir der bevorstehende Flug Sorge bereitet, denn das Fliegen mit einer Erkältung hat mir vor vielen Jahren einen Trommelfellschaden mit Hörverlust auf einem Ohr beschert. Aber nach zwei Stunden Flug habe ich noch keine Probleme mit den Ohren gespürt, Husten musste ich noch gar nicht und das Schniefen hält sich in Grenzen. Es sieht also aus, als wäre ich auf dem Weg der Besserung. Vielleicht habe ich es auch der Pilgermaus zu verdanken, die mir meine Schwägerin geschenkt hat und die mich nun auf meiner Reise begleitet. Wenn sie der Grund für die plötzliche Besserung ist, dann sollten gefälligst alle Apotheken solche Mäuse ins Sortiment aufnehmen.
Das Wetter kann man für diese Reise gar nicht recht vorhersagen. Die Wetter-App hat da jeden Tag was anderes im Angebot und für Faro (Algarve) und Huelva nebst Hinterland (Andalusien) werden recht unterschiedliche Vorhersagen getroffen. Aber das Tiefdruckgebiet, das vor ein paar Tagen zu einer schweren Regenwarnung für Huelva geführt hat, ist wohl inzwischen durch. Ich hoffe nur, dass der Regen keine aufgeweichten Wege und unpassierbare Pfützen hinterlassen hat.
Der Flieger hat die halbe Stunde Verspätung leider nicht aufgeholt und so war ich erst um drei hiesiger Zeit, also um vier unserer Zeit in Faro. Der Landeanflug war spektakulär, denn wir sind etwas westlich der portugiesisch/spanischen Grenze aufs Meer geflogen und dann parallel zur Küste zum Flughafen, der direkt am Wasser liegt. Leider hatte ich keinen Fensterplatz, sonst hätte ich bestimmt den Akku leer geknipst. Unter uns waren die dem Festland vorgelagerten Inseln, von denen einige ein Badeparadies sind und wo man bei dieser Jahreszeit sehr preiswert unterkommen kann. Zwischen dem Festland und den Inseln breitet sich kurz vor Faro ein von kleinen Wasserläufen durchsetztes Sumpfgebiet aus, das m.W. zu einem Nationalpark gehört. Auf dem Festland bieten die fast weißen Küstenstädte mit den vorgelagerten kleinen Häfen einen schönen Anblick. Das Stück, welches der Flieger entlang der Küste geflogen ist, werde ich in den nächsten zwei Tagen ablaufen. Ich hoffe, dass ich da ähnliche schöne Blicke einfangen kann, wie aus dem Flieger.
Wie beim letzten Mal bin ich vom Flughafen in die Stadt gelaufen. Luftlinie ist das überhaupt nicht weit, aber da eine große ehemalige Saline zu umrunden ist, kommen da doch über 5 km zusammen. Mein Hostel, das „Faro Coast Guest House“ ist gar nicht weit entfernt vom „Hostellicus“, in dem ich beim letzten Mal übernachtet habe. Obwohl beide etwa gleich teuer sind (18 €) und ähnliche Bewertungen haben, ist nach meiner Erinnerung das „Hostellicus“ doch deutlich besser, weil es viel großzügiger ausgestattet und um einen kleinen Innenhof herum gebaut ist. Mein derzeitiges Hostel ist dagegen sehr eng und die spärlich ausgestattete Küche hat nur zwei kleine Wandtische mit je zwei Stühlen.
Aber ich will nicht meckern. Da ich schon bei der Reservierung mit Hinweis auf mein fortgeschrittenes Alter um eine Schlafstätte unten im Doppelstockbett gebettelt hatte und dies kurz vor der Ankunft nochmal bekräftigt habe, bin ich in den Genuss eines solchen Bettes gekommen und zwar in einem leeren 2-Bett-Zimmer, da im 4-Bett-Zimmer, das ich gebucht hatte, kein unteres Bett mehr frei war. Der Hausherr, ein junger Inder oder Pakistani, hat allerdings kräftig betont, dass dies sein Entgegenkommen ist und dass er auf eine positive Bewertung bei booking.com hofft. Na, den Gefallen kann ich ihm tun.
Ich habe schnell meine Sachen abgestellt und bin dann zu einer kleinen Stadtbesichtigung aufgebrochen. Viel mehr als beim letzten Mal habe ich aber nicht entdeckt. Wie ich damals, beim Start auf Tour entlang der Algarveküste gen Westen, geschrieben habe, ist Faro ein ganz hübsches Dorf mit eigenem Flughafen. Ich weiß nicht, wie es in der Saison hier wimmelt, aber jetzt geht es sehr beschaulich zu. Die vielen Kneipenterrassen in den Fußgängerzonen sind mitunter spärlich besetzt, aber immerhin genutzt. Im unmittelbaren Zentrum sind die Häuser auch alle gut hergerichtet, ein paar Querstraßen weiter sieht das schon anders aus. Die Fassaden der Kirchen und öffentlichen Gebäude sind dezent angestrahlt, ebenso Teile der Stadtmauer rings um die Altstadt. Es macht einfach Spaß, hier zu bummeln und dabei die Flugzeuge zu beobachten, welche gleich hinter der letzten Häuserreihe zur Landung ansetzen.
Die San Pedro-Kirche direkt neben meinem Hostel habe ich als einzige besichtigen können. Hier ist gerade eine ganze Schar junger Mädels dabei, ein großes, goldenes Altarretabel zu restaurieren. Da weiß man gar nicht, wohin man zuerst schauen soll, auf die Heiligen in der Altarwand oder auf die hübschen Mädels mit dem Pinsel in der Hand. Die Kirche „Igreja do Carmo“ mit der „Knochenkapelle“ war wie beim letzten Mal geschlossen. Dieses Mal war ich aber wohl nur zu spät dran.
Am Ende meines Stadtbummels bin ich durch eine schmale Gasse gekommen, in der die Zahl „pi“ (Ihr wisst schon: 3,14…) im Pflaster eingelassen ist - mit 79 Nachkommastellen. Kann vielleicht jemand ohne nachzuschauen die 39. Nachkommastelle nennen? An der Stelle ist nämlich ein Fragezeichen im Pflaster.
|
| Camino del Sur - Tag | ![]() |
|