Unterwegs von Faro nach Huelva und auf dem Camino del Sur von Huelva nach Zafra
Tag 13 (Mi, 12.11.2025) Mit dem Zug von Zafra nach Madrid
9.30 Uhr. Ich sitze im Regionalexpress, der von Plasencia kommend nach Sevilla fährt, von wo es mit dem Hochgeschwindigkeitszug AVE nach Madrid weitergeht. Das sind jeweils zweieinhalb Stunden Fahrt. Als ich meine Rückreise geplant oder besser gesagt, nicht richtig geplant habe, bin ich nur davon ausgegangen, dass man sicher von überall nach Madrid und von da mit dem Flieger nach Berlin kommt. Dass der Zug den Umweg über Sevilla macht (sofern man nicht die Bimmelbahn über Mérida nimmt), habe ich nicht gewusst. Da hätte ich ja auch von Sevilla nach Hause fliegen können, was sicher noch billiger gewesen wäre, als von Madrid aus (67 €). Na, beim nächsten Mal …
Nun tröste ich mich mit der bevorstehenden AVE-Fahrt. Ich wollte hier schon immer mal mit dem Hochgeschwindigkeitszug fahren. Ich hoffe, dass der hält, was der Name verspricht. Und ich bin gespannt, ob da vorn und hinten so ein komisches „Krokodil“ ist, wie es hier oft zu sehen ist: ein Triebwagen mit einer sehr langen Schnauze, der zwar hässlich aussieht, aber ordentlich Geschwindigkeit macht.
Der Zug nach Sevilla, der seiner Bezeichnung als „Regionalexpress“ nicht wirklich Ehre macht, fährt zwar ein ganzes Stück östlich des Camino del Sur und der Via de la Plata, aber die Landschaft, die da am Fenster vorbeigeschoben wird, ist genauso, wie ich sie in den zurückliegenden zwei Wochen erlebt habe: ein Hügel neben bzw. hinter dem anderen, bestanden mit Olivenhainen oder locker in den Dehesas platzierten Eichen. Manchmal ist von links bis rechts nur Grün zu sehen, dann taucht plötzlich ganz oben ob auf dem Berg eine Festungsruine auf, oder im Tal eine Stadt mit ausschließlich weißen Häusern und sandfarbenen alten Kirchen, die alles überragen. Einfach schön und anheimelnd.
Auf dem Bildschirm an der Stirnseite des Waggons laufen die Namen der Orte durch, die wir ab Zafra Feria, wo ich eingestiegen bin, passieren: Zafra, Llerena, Fuente del Arco, Guadal­canal, Cazalla/Constantina, Pedroso, Villanueva del Río y Minas, Tocina und Los Rosales. Endstation und Umstieg ist in Sevilla Santa Justa. Das klingt halb fremd und halb vertraut, obwohl ich bisher in keinem der genannten Orte, ausgenommen Sevilla, gewesen bin.
Der dreiteilige (Diesel-) Zug mit einem tiefer gelegten Teil im mittleren Wagen, ist sehr ordentlich und bequem. Alle Plätze haben Steckdosen und im Mittelteil gibt es sogar Snack- und Getränkeautomaten. Für Fahrräder gibt es Aufhängungen und Schlösser. Jeder Wagen hat ein WC, das Behinderten-WC im mittleren Wagen ist so groß, dass da drei Rollstühle gleichzeitig reinpassen. Die Schaffnerin läuft fast nach jeder Station durch den ziemlich leeren Zug und hat gleich gemerkt, dass ich mich auf einen anderen Platz gesetzt habe, als auf ihrer Liste vermerkt. Sie hat mich aber an dem ideal platzierten Fenster sitzen lassen. Die Bahnhöfe haben alle noch Personal, obwohl hier ab Zafra selbst wochentags nur zwei Züge in jede Richtung fahren, lediglich auf dem letzten Stück ein paar mehr. Signale, Schranken und Weichen werden mit Hebeln und Seilzügen gestellt - da gibt es sicher nicht wie bei uns permanent „Stellwerksstörungen“, die abwechselnd mit anderen technischen Problemen sowie Polizei- und Notarztreinsätzen für die chronischen Verspätungen und Ausfälle sorgen. Ob mein Zug pünktlich ist, weiß ich leider nicht. Ich hoffe es sehr, denn ich habe in Sevilla nur 15 Minuten zum Umsteigen. Draußen sind übrigens 25 Grad, wie hier gerade auf dem Bildschirm mitgeteilt wird.
11.40 Uhr. Das war knapp, aber ich sitze im Zug nach Madrid. Ohne erkennbaren Grund begann der Regionalexpress auf den letzten Metern zu bummeln. Aus den 15 Minuten Umsteigezeit wurden so nur vier. Ich bin die Treppen hoch und zu den AVE-Bahnsteigen gerannt. Da stand ich plötzlich vor einer Barriere, die ich aber im kühnen Sprung über­wunden habe. Als ich die Treppe zum Bahnsteig runter und kurz vor dem Zug war, kam mir aber ein Sicherheitsbeamter hinterher gerannt, weil ich die bei Fernzügen übliche Sicher­heitskontrolle umgangen hatte. Ich musste also die Treppe wieder hoch, den AVE-Bereich verlassen, durch die Bahnhofshalle und dann durch die Gepäckkontrolle. Die Beamten waren aber um Glück nicht eingeschnappt, sondern haben mich überall schnell durchgeschleust. Als ich dann wieder unten auf dem Bahnsteig war und zum ziemlich weit hinten stehenden Zug gerannt bin, waren da schon alle Türen zu - bis auf die letzte, wo der Schaffner stand und auf mich wartete. Kaum war ich drin, ging die Tür zu und der Zug fuhr los. Die Uhr zeigte da noch 11.32 Uhr, das heißt die reguläre Abfahrtzeit. Ich habe also die ganze Aktion in vier Minuten durchgezogen … Was lehrt uns das? Man sollte nicht nur das Laufen langer Strecken üben, sondern auch schnelle Sprints.
20.00 Uhr. Der Rest des Tages war sehr unspektakulär. Der Zug kam fast pünktlich kurz vor halb drei auf dem Bahnhof Madrid-Atocha an. Da waren Himmel und Menschen unterwegs. Ich möchte das mal im Berufsverkehr erleben. Wenn man zwei Wochen lang kaum jemand getroffen hat, dann hauen einen solche Menschenmassen um. Ich habe mich zum nördlichen Seitenausgang durchgekämpft, denn von dort sind es nur ein paar Meter zum Parque del Retiero. Das ist eine sehr schöne Parkanlage mit breiten Alleen und engen Pfaden durch die Grünanlagen. Mittendrin ist ein großes, rechteckiges Wasserbecken, in dem man Ruderboot fahren oder am Geländer stehen und Selfies machen kann. Blickfang ist dabei das große, von Arkaden eingerahmte Denkmal von König Alfonso XII auf der Ostseite des Beckens.
Die mit Blumenbeeten verzierte Avenida de Mejico, die vom Becken zum Ausgang des Parks am Kreisverkehr mit der Puerta de Alcalá, einem ehemaligen Stadttor führt, ist ein Tummelplatz für Schwarzhändler. Die haben Brillen, Taschen, T-Shirts usw. auf den Decken zu ihren Füßen liegen. Nur die anderswo üblichen Eiffeltürme habe ich hier nicht gesehen. Alle haben an den vier Ecken der Decken Schnüre angebracht, die miteinander verknotet sind. Wenn da Polizei kommt, brauchen sie nur an den Schnüren ziehen und schon ist alles in einem großen Sack verschwunden, den man schnell wegtragen kann.
Von dort bin ich ein paar geschäftigen Straßen folgend zu meinem Hostel „Safestay“ in der Calle Sagasta gelaufen. Das ist die Straße, die den Stadtteil „Centro“ nach Norden begrenzt - und alle paar hundert Meter ihren Namen ändert. Das 12 €-Hostel ist weit besser als für den Preis zu erwarten. Es gibt 6-Bett-Zimmer mit Licht und Steckdosen an allen Betten, ordentliche Sanitäranlagen, einen Aufenthaltsraum mit Mikrowelle und Wasserkocher und theoretisch ein Restaurant und eine Dachterrasse. Alles ist sehr modern und sauber. Zugang hat man mit einer Schlüsselkarte und die Rezeption ist Tag und Nacht besetzt. Richtig toll. Hier werde ich jetzt gleich mein Haupt betten und morgen hoffentlich pünktlich aufwachen. Um 10.20 Uhr geht mein Flieger und nachmittags um drei müsste ich eigentlich zuhause sein.
Nun geht also wieder eine Pilgertour zu Ende - ganz sicher die letzte für dieses Jahr. Ich habe viel gesehen und erlebt und bin, abgesehen von den Schrammen am Schienbein, heil ans Ziel gekommen. Mit Anabel und Juan Carlos sowie den drei Herren aus der Kneipe in Valencia del Ventoso habe ich zudem nette Bekanntschaften gemacht. Dass es ab Huelva überall so gut mit den Quartieren geklappt hat, habe ich Fernando von den „Freunden des Camino“ zu verdanken, der mir nicht nur entsprechende Tipps gegeben, sondern oft auch Reservierungen vorgenommen und die Herbergsschlüssel besorgt hat. Das hat mir viel Stress und eine Menge Geld gespart: viermal habe ich auf dem Camino umsonst über­nachtet und die anderen Male habe ich nur 10…20 € bezahlen müssen. Das war ein toller, lobenswerter Service.
Morgen auf dem Rückflug nach Berlin wird es hoffentlich nichts Spektakuläres geben, weshalb ich mich hier und jetzt schon mal von meinen treuen Begleitern auf WhatsApp verabschieden will. Danke für das Interesse. Wenn Ihr wollt, bis zum nächsten Mal.

Camino del Sur - Tag 13