Unterwegs von Faro nach Huelva und auf dem Camino del Sur von Huelva nach Zafra
Tag 12 (Di, 11.11.2025) Von Valencia del Ventoso nach Zafra (23,3 km)
Heute ist nun schon mein letzter Tag. Es ist irgendwie komisch. Einerseits freut man sich, wieder ein Ziel erreicht zu haben und bald wieder zuhause zu sein, andererseits möchte man gleich weiterlaufen und kann es gar nicht fassen, dass die Füße jetzt eine Weile nicht viel zu tun haben.
Der Tag begann heute nicht so früh wie üblich. Es standen nur 24 km auf dem Programm, da gab es keine Notwendigkeit, im Dunkeln loszulaufen. Mit dem Heizlüfter habe ich mein Refugio so warm bekommen, dass ich im T-Shirt schlafen konnte. Da habe ich mich heute früh auch gern noch ein paarmal gedreht, bevor ich aufgestanden bin. Dank der Mikrowelle habe ich mir zum Frühstück einen schönen Kaffee machen können, was alles zusammen einen guten Start in den Tag ergab.
Gleich am Ortsausgang von Valencia del Ventoso ging es von der Straße weg auf einen Fahrweg, der durch die Dehesas führt. Anfangs waren da noch einige Grundstücke auf beiden Seiten, aber dann wurde die Besiedlung immer dünner. Nun waren Kühe, Schafe, Ziegen und die schwarzen Schweine meine Begleiter. Natürlich haben sich immer wieder Hunde lautstark gemeldet. Aber nur jene, die nicht gebellt haben, wurden gestreichelt.
Der Weg ging wie immer auf und ab und ringsum war alles hügelig. Zweimal hat der Weg einen Fluss überquert. Beim ersten Mal war es der Río Bodión. Auf der Karte war nicht ersichtlich, dass es da gar keine Brücke gibt. Da muss man auf Steinen über den gut knietiefen Fluss. Ich bin den noch ein Stück abgelaufen, weil es aussah, als ob weiter hinten die Steine dichter liegen, aber das war nicht der Fall. Zum Glück lagen viele Äste herum, so dass ich mir zwei lange Stöcker zurechtmachen und als Balancierhilfe benutzen konnte. Ohne diese Stützen wäre das Risiko viel zu groß gewesen, das Gleichgewicht zu verlieren und ins Wasser zu plumpsen. Vorsorglich hatte ich außerdem das Smartphone beim Käse in den verschließbaren und hoffentlich wasserdichten Gefrierbeutel getan und ganz oben im Rucksack platziert. Ein abgesoffenes Smartphone hatte ich schon mal. Das bereitet ziemliche Probleme. Ein nach Käse riechendes Smartphone ist da leichter zu ertragen.
Also, ich habe es fast trockenen Fußes über den Fluss geschafft. Auf der anderen Seite stand ich aber vor einem Tor und einem dahinter liegenden, frisch gepflügten Acker. Da gleich mehrere gelbe Pfeile auf den Acker zeigten, bin ich durchs Tor durch, über den Acker und auf der anderen Seite wieder durch ein Tor raus. Da bin ich dem Bauern fast in die Arme gelaufen, denn der fuhr mit seinem Traktor einen Berghang immer hoch und runter und ein Mitfahrer auf dem Anhänger hat für die dort grasenden Kühe Stroh und Futter abgeworfen. Der Bauer hat aber keinesfalls mit mir gemeckert, sondern hat sogar angehalten und ein besonders freundliches Gesicht gemacht, als er gesehen hat, dass ich fotografiere.
Ein paar Hügel weiter kam ich erneut an einen Fluss, der in der Karte keinen Namen hat. Hier gibt es mal eine richtig solide Querungshilfe aus etwa 1 m hohen Säulen und dazwi­schen liegenden Felsbrocken - dafür gab es hier aber kein Wasser …
Noch einmal ging es einen Berg hoch und dann auf einem schmalen, ausgewaschenen Trampelpfad runter nach Medina de las Torres. Und plötzlich war alles anders. Keine Hügel mehr, kaum Dehesas, dafür Ackerland und Weingärten. Selbst die Tierwelt hat sich mit einem Schlag geändert. Während ich in den letzten Tagen kaum mal einen Vogel gesehen hatte, wimmelte es hier fast davon. Auch habe ich hier das erste Kaninchen zu sehen bekommen. Das ist doch Ironie des Schicksals, dass wenige Kilometer vor dem Ziel die Berge aufhören … Was ich hinter mir gelassen habe, ist übrigens die Sierra Aracena, ein Teil der Sierra Morena. Zu erwähnen wäre vielleicht noch, dass ich kurz hinter Cañaveral de León die Provinz Huelva und damit Andalusien verlassen habe und mich jetzt in der Extremadura und konkret in der Provinz Badajoz befinde.
In Medina de las Torres, der einzigen Stadt auf dem Weg, wollte ich in einer Bar Mittags­pause machen, aber rings um den schönen Platz zwischen (offener!) Kirche und Rathaus waren alle Bars geschlossen. Deshalb habe ich mir in einem Supermarkt die Zutaten für ein Picknick geholt und mich nach Besichtigung der gerade aufwändig renovierten Kirche auf einer Bank in der Sonne niedergelassen. Im Rathaus gab es noch einen Stempel für den Pilgerpass und weiter ging es.
An der aus dem Ort herausführenden Straße habe ich dann doch noch eine sehr ordentlich aussehende Bar entdeckt und bin da zu einem Café con leche eingekehrt. Eigentlich wollte ich es dabei bewenden lassen, aber als ich gesehen habe, welch schöne Beilage es zum Bier gibt, habe ich mir doch eins bestellt. Zunächst kam ein Schälchen mit vermutlich Tinten­fischstückchen, Tomate und Zwiebeln und zum gleichen Bier noch ein zweites Schälchen mit Leber-Stückchen in Soße und mit Gebäck. Toll, Kaffee und Bier zusammen 3,50 €.
Hinter Medina de las Torres hatte die nur noch leicht wellige Landschaft nicht mehr so viel zu bieten. Hier wird vorwiegend Ackerbau betrieben und soweit das Auge reicht, waren Felder zu sehen. Bald kam Zafra in Sicht und verschwand gleich wieder, wenn man durch eine Bodenwelle lief. Für 17 Uhr hatte ich mich in der von Fernando empfohlenen „Albergue Convento San Francisco“ in der Innenstadt angekündigt. Es war genau um fünf, als ich die Stadt erreicht habe. Da ich unbedingt noch ein Begrüßungsbier trinken wollte, habe ich geschrieben, dass es noch eine halbe Stunde dauert und bin in der ersten Bar eingekehrt, wo ich wieder wie ein echter Gourmet mit „Daumen hoch“ begrüßt wurde, weil ich das Cruzcampo aus dem Hahn verschmäht und eine Flasche Estrella Galicia aus dem Kühl­schrank bevorzugt habe.
Kurz nach halb sechs war ich dann in der Herberge, einem ehemaligen Kloster, wo ich allein ein 5-Bett-Zimmer habe und evtl. der einzige Gast bin. Nachdem ich meine Sachen abgestellt und die langwierige Führung des Hospitaleros durch die Herberge absolviert hatte, bin ich kurz vorm Dunkelwerden noch zu einem Spaziergang durch die Stadt aufge-brochen. Als ich auf meiner Via de la Plata-Tour hier war, bin ich nur auf der Hauptstraße durch den Ort gelaufen, weil ich mir die Herberge im nächsten Ort, Los Santos de Maimona ausgesucht hatte, was ein Glückstreffer war, weil es dort Dank Wärmepumpe gemütlich warm war, während meine Kollegen in ihren Herbergen gefroren haben.
Nun habe ich den Gang durch die Altstadt von Zafra nachgeholt, wo der Camino offiziell durch die Fußgängerzone verläuft. Die bin ich dieses Mal hoch und runter abgelaufen. Viel mehr als diese für Touristen gedachte Einkaufsstraße und den wirklich schönen Plaza Grande hat die Stadt dem Anschein nach aber nicht zu bieten. Es sind noch ein paar Sehenswürdigkeiten, drei Klöster und zwei Stadttore, in der Karte eingezeichnet, aber die Gassen dorthin sind ohne Geschäfte und Restaurants und damit ziemlich öde. Die stattliche Kathedrale war leider geschlossen. Da es schon dunkel wurde, habe ich meinen Rundgang gar nicht weiter ausgedehnt, sondern mir noch das Santa Clara-Museum mit der zuge­hörigen Kirche angeschaut. Wie nicht anders zu erwarten, waren da überwiegend sakrale Gegenstände ausgestellt, die alle nur auf Spanisch beschriftet waren. Das war aber trotzdem ganz interessant. Danach habe ich noch einen Blick ins „Nonnenlädchen“ geworfen. Das ist ein kleiner Laden, in dem Nonnen durch eine kleine Luke süßes Gebäck verkaufen, sofern man sich durch Klingeln bemerkbar macht.
Inzwischen war es dunkel geworden. Die hell erleuchtete Burg, in der sich ein teures Parador-Hotel befindet, erstrahlte in fast übertriebenem gelben Licht und der Plaza Grande, der von Häusern mit Arkaden umstanden und mit Palmen bestückt ist, sah wunderschön aus. Leider ist es mit dem Sonnenuntergang ziemlich kühl geworden, was mich dazu getrieben hat, schnell zur Herberge zu laufen und den Anorak zu holen. Ich bin dann aber nicht nochmal zurück in die Altstadt, sondern nur bis zum nahe gelegenen Dia-Markt, wo ich mir was zum Abendbrot und für die Fahrt gekauft habe. Wider Erwarten gab es in der Herberge einen Aufenthaltsraum mit etwas Küche - davon war im Pilgerführer nichts zu lesen. Die Suppenzubereitung in der Mikrowelle war dann zwar etwas herausfordernd, hat aber letztlich geklappt.
In der Herberge waren leider keine Heizungen angestellt, aber trotzdem war es angenehmer, als ich es bei einem solchen Gemäuer mit offenem Innenhof erwartet hätte. Im Haus gab es sogar eine Bar, in welcher der Hospitalero den ganzen Abend allein zugebracht hat. Wie schon gesagt, war ich offenbar der einzige Gast. Es gibt im Ort eine weitere 15 €-Herberge, vielleicht sind dort die anderen Pilger abgestiegen. Oder es ist gerade niemand auf der Via de la Plata unterwegs. Die kürzer werdenden Tage und die frischen Temperaturen in der Nacht halten vielleicht doch einige ab.

Camino del Sur - Tag 12