Unterwegs auf dem Camino del Norte
Von Ribadeo nach Vilanova de Lourenzá

Tag 24 (Mittwoch, 29.3.2023) von Ribadeo nach Vilanova de Lourenzá

In der Herberge in Ribadero war heute früh lange Ruhe, erst halb acht rührten sich nebenan der Spanier und der spät abends angekommene Engländer, der dann als erstes los ist. Ich habe noch schnell was gegessen, damit ich nicht so viel mit mir herumschleppen muss. Um 8.30 Uhr ging es los, ziemlich spät für die lange Tour. Die anstehende Etappe war eigentlich nur gut 20 km lang, aber am Zielort, Gondán, ist die Herberge geschlossen, ebenso die als Ausweichherberge benannte Herberge 2 km weiter in San Xusto de Cabarcos (Pedrido). Das war zum Glück bekannt und man konnte sich darauf einstellen, dass man ca. 30 km bis Vila­nova da Lourenzá laufen muss. Alex hatte auch von Alejandro, der uns einen Tag voraus ist, erfahren, dass es auf den ersten 20 km keine Gaststätte und keine Einkaufsmöglichkeit gibt.

Wir haben uns entsprechend reichlich zu essen und zu trinken mitgenommen. Und tat­sächlich waren bis San Xusto, auf meinem Kilometerzähler 25 km, alle (3) Herbergen und alle (2) Gaststätten zu. Um viertel vier habe ich meinen ersten Kaffee bekommen und gleich das Upgrade mit Bier und frisch zubereitetem, warmen Bocadillo genommen. Es war ein erhebender Moment, als der Wirt zur Schöller-Eiskrem-Truhe schritt, um ihr ein gefrorenes Glas zu entnehmen und mir dieses mit kühlem, köstlichem Inhalt zu reichen. Wir hatten heute nämlich 25 Grad, vormittags noch wolkig, aber nachmittags mit praller Sonne.

Der Weg führte heute weg von der Küste und gleich in die Berge. Es ist eine schöne Landschaft, die aber auch irgendwo bei uns im Mittelgebirge sein könnte. Der Unterschied hier ist vielleicht, dass es kaum richtige Dörfer gibt, sondern überwiegend Einzelgehöfte. Unter anderem daraus resultiert das Fehlen von Gaststätten und Geschäften. Es ging heute schon mal bis auf 400 Meter hoch, was mich ganzschön außer Puste gebracht hat. Dazu blies ein recht heftiger Wind, den ich mir am Tag zuvor der Wellen wegen an der Küste gewünscht hätte. In den ausgedehnten Eukalyptus-Wäldern hat es ziemlich laut geknarrt, aber die Gefahr umstürzender Bäume ist sicher geringer als in unseren trockenen Kiefern­wäldern. Gestartet bin ich mit Alex, aber da der viel größere Schritte macht, konnte ich nicht lange mithalten. Auch das französische Ehepaar, das wir kurz hinter Ribadeo eingeholt hatten, ist mir beim ersten Anstieg davon gerannt. Irgendwann hat mich der Engländer, Kieran, eingeholt. Der war zwar früher aufgebrochen, musste aber in Ribadeo unbedingt mal auf der Autobahnbrücke über den Rio Eo und zurück. Wir sind ein Stück miteinander gelaufen und haben uns dann in einem Dorf verloren, wo er pausieren wollte.

Irgendwo auf einer Wiese zwischen den Eukalyptus-Wäldern lag Antoine am Wegesrand und studierte wieder sein Französisch-Spanisches Wörterbuch, denn er ist immer sehr bemüht, mit den Spaniern Spanisch zu reden. Um halb sechs war ich endlich in Vilanova und hab auch gleich die kommunale 8-Euro-Herberge gefunden. Es ist die letzte von insgesamt dreien im Ort entlang des Jakobsweges. Die Tür stand offen und am Tresen lag ein Zettel, dass um sieben jemand zwecks Registrierung und Bezahlung kommt. Der kleine Schlafraum im Erdgeschoss war schon vergeben. Im Obergeschoss gibt es zwei Räume mit je vier Doppelstockbetten, von denen einer verschlossen war und vermutlich nur bei Bedarf geöffnet wird. Im anderen fand ich Alex vor, die beiden anderen Betten waren unten mit John und Tori belegt. Kurz nach mir kam Kieran und musste mit einem oberen Bett vorlieb nehmen. Der überreichte mit übrigens strahlend eine Bierbüchse, die ihm Antoine für mich in die Hand gedrückt hat. Sie haben sich hier kurz vor der Stadt getroffen.

Ich war gleich nach der Ankunft mit Alex im nächst gelegenen Supermarkt einkaufen. Ich habe wie immer ein paar Fisch/Muschel-Büchsen, Weißbrot und eingelegte Paprika sowie ein Glas Spargel genommen. Alex hat hingegen für ein pompöses Mahl eingekauft: Tortel­linis, Eier, Käse, Spargel, Paprika, Tomate, Petersilie etc., alles was man für eine Carbonara braucht. (Ich weiß gar nicht, wie man das richtig schreibt, er kann sie sogar richtig zubereiten - unter 50 Grad, damit das Ei nicht ausflockt!) Dazu drei kleine Tintenfische zum Garnieren. Davon haben ich und John & Tori je einen Teller abbekommen. Das war wirklich lecker. Und dann wurde hin und her getauscht, was jeder so zum Essen herangeschafft hatte. Das war ganz nett.

Zwischendurch kam die Hospitalera, um die Formalitäten zu erledigen und brachte gleich ihren Sohn, etwa 30, mit, falls es was zu übersetzen gibt, wobei der auch nicht viel Englisch konnte. Aber er hat uns Empfehlungen für den morgigen Weg gegeben, während seine Mutter zu galizischer Musik auf dem Smartphone ein paar Tänze aufführte. Da sie sich bei meiner Registrierung beim Geburtsdatum verschrieben hat, habe ich erfahren, dass sie am gleichen Tag Geburtstag hat, aber vier Jahre älter ist.

Camino del Norte - Tag 24