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Unterwegs von Faro nach Huelva und auf dem Camino del Sur von Huelva nach Zafra | ![]() |
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Tag 6 (Mi, 5.11.25) Von Trigueros nach Valverde del Camino (33,7 km)
Gestern Abend musste ich doch nochmal umziehen. Um neun, als ich gerade schlafen gehen wollte, klopfte es an der Tür und die beiden Polizisten standen davor und baten mich, in ein Nachbarzimmer umzuziehen. Ihr Chef fand das Quartier im Archiv nicht so gut. Womöglich hat der schon mal was von Datenschutz gehört. Bei dem neuen Quartier handelte es sich um einen Abstellraum, in dem aber nicht viel drin war, leider auch kein großer Tisch. Also musste ich auf dem Steinboden schlafen. Das machte aber nichts, die Yoga-Matte hat gut isoliert und hochgekommen bin ich auch. Warum die Verwaltung nicht für solche Zwecke ein oder zwei Campingliegen aufstellt? Vermutlich kommen so wenig Pilger, dass sich nicht mal das lohnt.
Nachts wurde es doch ziemlich kalt, obwohl ich mir ein zweites T-Shirt und meinen Pullover angezogen habe. Der über Alles gelegte Anorak hat nichts genutzt. Nachdem ich mir den aber mitten in der Nacht ange-zogen habe und damit in den Schlafsack gekrochen bin, war es plötzlich lauschig warm. So habe ich bis nach sechs geschlafen und hätte da bestimmt noch was ran hängen können, aber ich wollte zeitig los. Mit 28 km war die Etappe von Trigueros nach Valverde del Camino zwar überschaubar, aber für 12 Uhr gab es eine schwere Gewitterwarnung und bis dahin wollte ich gern bei km 18 in der einzigen Gaststätte am Weg sein.
Hinter Trigueros wechselten sich wieder alle möglichen Plantagen ab, hier überwiegend Olivenhaine - neu angelegte, sehr gepflegte, ver-wilderte und aufgegebene. Bei den neu angelegten Hainen stehen die Bäume ganz exakt in einer Reihe und die Reihen haben gleichen Abstand, was die Mechanisierung sehr vereinfacht.
Während ich noch sinniere, wie man am besten die Oliven vom Baum bekommt, höre ich in einer Plantage Motorengeräusche und kann miterleben, wie das derzeit auf kleinen Plantagen passiert: Ein Traktor zieht ein großes Netz durch die Schneise und zwei Helfer legen Teile des Netzes um den abzuerntenden Baum. Dann kommt ein zweiter Traktor, umklammert den Baum mit einer Zange und rüttelt. Zeitgleich schlagen 4…6 Helfer mit langen Stangen auf den Baum ein. Anschließend werden die um den Baum gelegten Teile des Netzes wieder auf das große Netz gelegt und die Traktoren ziehen zum nächsten Baum. Das lässt sich sicher noch mehr mechanisieren, zum Beispiel durch einen Traktor, der selbst ein Netz um den Baum legt, schüttelt und mit irgendwas auf den Baum einprügelt. Aber vielleicht hat das schon jemand erfunden. Wenn nicht, dann wäre das die zweite revolutionäre Erfindung für die Landwirtschaft, die aus Mehrow kommt, nachdem vor 120 Jahren unser Rittergutsbesitzer Robert Stock den selbstfahrenden Motorpflug erfunden hat.
Zwischen den Plantagen fanden sich auch Wein-„berge“, die jetzt natürlich gänzlich abgeerntet sind, aber in allen herbstlichen Farben leuchten. Am Morgen konnte man das alles noch bei Sonnenschein genießen, aber dann zogen Wolken auf und es begann zu tröpfeln. Nun ging es aber lange Zeit durch einen lichten Pinienwald, in dem nicht viel vom Regen zu spüren war, aber doch so viel, dass ich das Regencape überziehen musste.
Es war schon weit nach eins, als ich bei der Gaststätte ankam, die neben einer Tankstelle dort liegt, wo sich Wander-/Radweg und die N-435 in spitzem Winkel kreuzen. Sinnvollerweise hat die Gaststätte auch einen zum Camino zeigenden Hintereingang, so dass man da nicht erst um das Gebäude kurven muss, wenn man Flüssigkeit zu sich nehmen und/oder loswerden will. Das Gewitter war bislang ausgeblieben und kam auch nicht mehr. Genauso war die „schwere Regenwarnung“ Unsinn. Mein Regencape hat nur ein paar Tropfen abbekommen. Das habe ich ja hier schon wiederholt gehabt, dass vermutlich aus versicherungstechnischen Gründen ganz grauenhafte Wettervorhersagen gemacht werden und dann nichts passiert. Dumm ist nur, wenn’s wirklich mal dicke kommt und alle die inflationären Unwetterwarnungen ignorieren.
Hinter der Straßenkreuzung ging es weiter durch den Pinienwald. Jetzt kreuzten da aber viele Wege, die teils als Brandschneisen und teils als Zufahrt zu Kiesgruben dienen. Hier bekam ich schon mal einen Vor-geschmack auf das, was mich in und hinter Minas de Riotinto erwartet. Da wird nämlich seit dem 19. Jahrhundert Eisen und Kupfer abgebaut, was hier den Boden mitunter tiefrot färbt und damit auch die Flüsse, die sich durch das Gestein gefressen haben. Der Rio Tinto, den ich noch zu sehen bekomme, hat nicht umsonst diesen Namen bekommen.
In Valverde del Camino habe ich mich bei Juan Carlos gemeldet, bei dem ich übernachten werde. Das ist wie Fernando ein „Camino-Freund“. Er selbst ist noch bis spät abends auf Arbeit, hat mir aber zugesichert, dass seine Frau mich abholt, sobald ich mit meinem Stadt- und Einkaufsbummel fertig bin. Das war mir sehr unangenehm, aber er hat sich das nicht ausreden lassen, weil sie ja zwei Kilometer auswärts wohnen …
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Camino del Sur - Tag 6 | ![]() |