Unterwegs von Faro nach Huelva und auf dem Camino del Sur von Huelva nach Zafra
Tag 9 (Sa, 8.11.2025) Von Campofrío nach Aracena (21,7 km)
Gestern Abend hatte ich noch ein Beschaffungsproblem. Da die Bar unweit meiner Unterkunft die einzige im Ort ist und nichts zum Essen anbietet, musste ich mir noch was für Abendbrot und Frühstück besorgen. In meinem Kartenprogramm ist nicht weit entfernt ein „Supermercado Loli“ eingezeichnet. Den gibt es auch, sogar mit einem großen Schild über der Tür. Aber der hatte zu. Es war halb sechs, da müsste eigentlich die Siesta vorbei sein. Bei Google Maps habe ich noch einen anderen gefunden, „La Tienda de Tere“. Dort angekommen, deutete nichts darauf hin, dass in dem angegebenen Haus ein Supermarkt ist. Also bin ich auch noch die anderen Straßen abgelaufen und habe dann eine Frau nach einem Supermarkt gefragt. Die sagte mir, dass ich davor stehe und dass der meist so gegen viertel sieben wieder aufmacht. Auch hier war nicht zu erkennen, dass sich hinter Tür und Fenster ein Supermarkt befindet. Kein Schild, keine Reklame, keine Öffnungszeiten … Hier weiß jeder, wann wo was offen hat. Nun bin ich doch in die lärmende Kneipe, um dort die halbe Stunde bis zur Ladenöffnung abzusitzen.
Als ich rauskam, hatte nebenan der Tabak-Laden offen, in dem man sogar ein paar Lebensmittel bekommen würde. Ansonsten Kinder-spielzeug, Anziehsachen, Gartengeräte usw. Sicher auch Zigaretten. Ein Vollsortiment auf vielleicht 30 Quadratmetern! Ich bin aber zu dem mir empfohlenen Laden gelaufen, der nun tatsächlich offen war und ein ganz gutes Angebot an Lebensmitteln hatte. Hier habe ich alles bekommen, was ich brauchte. Nur Bier gab es kein vernünftiges.
Ich habe deshalb noch einen Abstecher zu dem bei Google Maps gezeigten Laden gemacht. Und siehe da, plötzlich stand in dem Haus eine Tür offen und zu sehen war ein Verkaufs­tresen und davor eine Ladenfläche von vielleicht 2x2 Metern. Was da nicht rum stand, hatte die Verkäuferin in der gläsernen Kühltruhe unterm Tresen oder in den Regalen hinter sich. Da wie in den anderen Läden auch bei ihr nur „Cruzcampo“ im Getränkeregal stand, musste ich mal mit dieser nicht sehr edlen Marke Vorlieb nehmen.
In meiner Unterkunft habe ich dann das Gekaufte auf dem Tisch ausgebreitet und mich ans Essen gemacht. Dabei habe ich unter dem Bett ein Kabel mit Stecker hervorschauen gesehen und beim daran Ziehen kam ein Infrarotheizer zum Vorschein. Schnell den Stecker in die Dose - siehe da, er funktionierte. Der Raum war bald soweit über-schlagen, dass man da sitzen konnte, ohne zu frieren. Um die Wärme richtig zu nutzen, habe ich schnell noch meine Hose gewaschen und auf einer Stuhllehne davor gehängt. Die war in zwei Stunden trocken. Dank Heizer konnte ich auch ohne Socken, Hosen und Anorak in den Schlafsack kriechen und ganz gut schlafen.
Aus Campofrío hinaus ging es vorbei an der Kirche, die wie am Abend zuvor natürlich verschlossen war. Bildern zufolge ist die sehr sehens-wert. Auf dem eckigen Turm fallen einem blau-weiße Keramikzipfel auf, die wie Zinnen rings um die Turmspitze platziert sind. Die geben den Storchennestern einen hervorragenden Halt, sind aber sicher nicht dafür gedacht gewesen.
Zunächst führte der Weg auf Treppen bergab und dann zwischen aufgeschichteten Mäuer­chen weiter. Leider stand neben dem Trampelpfad das Gras mitunter hüfthoch, weshalb ich mir mit dem Hosentrocknen gar nicht solche Mühe hätte geben müssen. Schuhe und Hosen waren im nu nass. Dummerweise habe ich gerade hier an einem Abzweig, der gar nicht als solcher zu erkennen war, den falschen Weg gewählt, der nach etwa zweihundert Metern an einer verrammelten Tür zu einer Viehweide endete. Da war die zu erreichende Straße schon in Sicht, aber der Stacheldraht an der Tür hat mir Respekt eingeflößt. So musste ich erneut durch das Gras zurück bis zu ein paar großen Felsbrocken im Weg und auf der anderen Seite an diesen vorbei laufen. Nun war ich laut Karte, die ich wegen des holprigen Pfades nicht immer vor den Augen hatte, richtig. Der Blick zurück zeigte dann die exponierte Lage von Campofrío auf der Bergspitze und der Kirche direkt am Abhang. Das war schön anzusehen, aber zum Fotografieren schon zu weit weg.
Begleitet wurde ich beim Weg durch die Mauergasse von endlosem Hundegebell. Auf irgendeinem Grundstück muss sich gefühlt ein Dutzend Hunde zum Bellen versammelt haben. Ich bin da auch vorbei gekommen, habe es aber vorgezogen, dort einen Schritt schneller zu laufen. Als mich dann auf dem inzwischen etwas breiteren Weg ein Auto über­holte, wusste ich, warum das Bellen plötzlich verstummt war. In einem Anhänger mit zwei Etagen wimmelte es an Hunden, acht davon haben mich durchs hintere Gitter angeschaut. Die waren wohl auf einem Ausflug und das Bellen war Ausdruck der Vorfreude.
Auf der Straße (A-479) ging es dann weiter bis zum Río Odiel, der hier als kleines Bächlein dahinfließt. In Huelva wird er als breiter Strom in den Atlantik münden. Bald hinter der Brücke zeigten Pfeile auf dem Pflaster an, dass man auf der anderen Straßenseite einen dort abzweigenden Weg nehmen soll. Das ist vermutlich die frühere Straße, dann da läuft man zeitweise auf altem, löcherigem Asphalt. Der Weg führt hinter den Bergen entlang, in die man die A-479 eingeschnitten hat. Hier gab es einen ungetrübten Blick auf die Landschaft, der ausschließlich Grün einfing. Es gibt hier keine Häuser, ganz vereinzelt mal einen Stall für die ansonsten frei herum laufenden Kühe. Sogar die sonst immer im Bild stehenden Strom­masten fehlen. Leider fehlen auch die Markierungen am Weg, der nicht einmal auf der Karte eingezeichnet ist. Aber die Verunsicherung, ob ich noch richtig bin, wich immer, wenn nach einer Kurve die Straße zu hören war.
Auf diesem vielleicht 5 km langen Weg habe ich 3 km Straße umgangen. Nun ging es auf dieser weiter, immer entlang eines Naturparks auf der linken Seite. Vor Aracena boten dann Wegweiser zwei Alternativen an: 4,2 km entlang der Straße, oder 4,7 km links weg durch die Dehesas. Ich habe letztere gewählt und nun endlich mal ganz dicht die berühmten schwarzen Schweine zu sehen bekommen, die ausschließlich Eicheln fressen und sich ordentlich bewegen müssen, um unter den Steineichen genug zu finden. Leider rennen sie sofort weg, wenn man sich nähert. Es sei dann, man macht es gebückt hinter dem Mäuerchen. Ein umgestürzter, dicker Torpfosten bot zudem eine gute Ruhestätte für ein längst überfälliges Mittagsschläfchen.
In Aracena angekommen, war ich überrascht von den vielen Leuten, die sich hier tummeln. Die ganze Innenstadt war voller Menschen und vor den sich dicht aneinander reihenden Gaststätten saßen Heerscharen lärmender Leute. Vor den etwas besseren Restaurants wartetet zudem Grüppchen darauf, einen Platz zu bekommen, in den anderen hätte man sich erst einen nicht besetzten Tisch frei räumen müssen, denn die Kellner waren entweder überlastet oder haben auf sie Selbstreinigungskraft der Gäste vertraut. Ich habe da keine Lust verspürt, mich allein unters gefräßige Volk zu mischen. Geschmacklich hätte sich das sicher gelohnt, denn die Stadt ist für den Jamón Ibérico berühmt und ganz besonders für den Jamón Ibérico de Bellota (Bellota-Schinken), der von den schwarzen Schweinen stammt, die hier in den Dehesas herumlaufen und Eicheln fressen. Der Bellota-Schinken kam auf fast allen Speisekarten vor, sicher nicht zufällig ohne Preisangabe.
Statt mich fleischlichen Gelüsten hinzugeben, bin ich direkt zur Höhle „Gruta de las Maravillas“, die mir Fernando empfohlen hat und von der ich schon viele eindrucksvolle Bilder gesehen habe. Und es kam, wie es bei den vielen Leuten in der Stadt zu erwarten war: es gab für den Nachmittag keine Tickets mehr. Schade, die Höhle hätte ich gern gesehen und auch das im Ticketpreis enthaltene Schinken-Museum, zu dem man sich aber vielleicht auch belesen kann.
Nun bin ich erstmal zur Pensión „Casa Monala“, in der mich Fernando angekündigt hat. Die Chefin hat mich da zu meinem Zimmer im Obergeschoss geführt und für 20 € den Schlüssel übergeben. Der Raum ist sehr spartanisch eingerichtet, aber ausreichend. Das Fensterchen zeigt auf einen Innenraum mit ein paar Sesseln und einem riesigen Röhrenfernseher. Da auch ein weiteres Zimmer nur Fenster zu diesem Raum hat, ist der leider nicht für Partys geeignet. Ein dritter Raum hat sein Fenster zu einem nur durch einen Vorhang vom Auf­enthaltsraum abgetrennten Innenhof und das vierte entlüftet wohl ins Freie. Lichtschalter, Glühbirnen und Steckdosen wurden hier auch sehr sparsam verwendet. Da im Zimmer kein Heizgerät zu finden war, hat dort aber die einzige Steckdose fürs Ladegerät gereicht.
Ganz euphorisch war ich, als ich im Gemeinschaftsbad für die vier Zimmer eine Badewanne mit Stöpsel entdeckt habe. Darin sah ich mich schon mit einer rot-schwarzen Büchse in der Hand liegen. Diese musste ich aber noch besorgen, ebenso etwas für den nächsten Tag. Das wollte ich nach einer kleinen Stadtbesichtigung und einem Aufstieg zur Burg machen, denn Aracena hat zu allem Überfluss auch noch ein Castillo zu bieten. Am Plaza Marques de Aracena gleich bei meiner Pension gelegen, war auch viel Trubel. Vor den Gaststätten auf und am Platz drängten sich an diesem sonnigen Samstagnachmittag die Leute und der Spielplatz war in vollem Betrieb. Vor einer Konditorei, die wohl als was Besonderes gilt, stand eine Menschenschlange, die bis zur anderen Seite der Straße reichte.
Vom Castillo aus hat man einen sehr schönen Blick auf die Stadt, die sich um den Burgberg zieht. Auch das satte Grün des Umlandes ist sehr eindrucksvoll. Um sich das aus alle Winkeln anzuschauen, muss man aber nicht in die Burg rein, die außer Mauern nichts zu bieten hat. Es reicht völlig aus, die Burg am Fuß ihrer Mauer zu umrunden.
Da der nahe meiner Pension gelegene Supermarkt am Samstagnach-mittag geschlossen hat, bin ich zum Lidl am nördlichen Stadtrand ge-laufen. Der liegt zusammen mit einem Mercadona hinter der N-433, die im Norden die Stadt tangiert. Dort habe ich alles Ersehnte bekommen, auch leckeren Salat und herzhafte Backwaren wie Schinken und Käse im Blätterteig oder ein Croissant mit einer eingebackenen Wurst.
Zurück habe ich wie hinzu einen Schleichweg genommen, der über die Straße und schräg über den Parkplatz führt. Aber hinzu war es hell, nun jedoch schon dunkel. Und da ich an der Straße gewartet habe, bis auf beiden Seiten kein Auto kam, war es stockfinster. Da habe ich mich etwas mit der Höhe des Straßenbelags verschätzt, bin ausgerutscht und mit dem Schienenbein von unten nach oben die Bitumenkante abgefahren. Wie ich später gesehen habe, hat das eine große, blutige Schürfwunde ergeben. Glücklicherweise ist dabei die Hose am Knie völlig aufgerissen, wodurch die Wunde jetzt gut gelüftet wird.
Dieses Malheur hat mich leider um mein Wannenbad gebracht, denn ich wollte nicht, dass sich im Wasser der sehr schnell gebildete Schorf löst. Da nicht zu erwarten ist, dass ich morgen auf dem Weg nach Cañaveral de León viele Leute treffe, macht es nichts, wenn ich ein wenig streng rieche. Und auch die zerrissene Hose wird niemand stören.

Camino del Sur - Tag 9