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Unterwegs von Faro nach Huelva und auf dem Camino del Sur von Huelva nach Zafra | ![]() |
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Tag 10 (So, 9.11.2025) Von Aracena nach Cañaveral de León (25,6 km)
Die heutige Etappe von Aracena nach Cañaveral de León war insofern besonders, dass hier auf den 25 km keinerlei Ortschaft oder Wirtschaft ist. Der Weg führt erst rechts und später links weg von der Straße. Nur auf der Höhe des Stausees geht es mal ein Stück entlang der Straße, die beide Orte verbindet.
Gleich hinter Aracena geht es nach Unterquerung der N-433 rechts ab in ein Gebiet, in dem anfangs noch ein paar bewohnte Gehöfte stehen, auf denen zum Teil etwas Gemüseanbau betrieben wird. Dann kommt ein kleiner Bach, der in endlos vielen Schleifen nach Norden fließt, bis an den Weg heran. Da ist es wunderschön, in dieses Mäander zu schauen, in dem stattliche Birken stehen. Das sind fast die einzigen Bäume, bei denen hier eine herbstliche Färbung zu sehen ist. Bei allen anderen Bäumen ist nicht zu merken, dass Herbst ist und dieser auch schon zur Hälfte rum ist. Die Eichen sind alle noch dunkelgrün. Wer weiß, ob die überhaupt Herbstfarben annehmen und ihre Blätter verlieren.
Es gab also auf dem Weg, der durchaus befahrbar war (wenn nicht gerade mit einem tiefer gelegten Opel Manta), viel zu sehen. Nur Menschen waren rar - mal eine Frau mit Hund, ein paar Radfahrer und zwei…drei Autos, die zu ihrem Gehöft wollten. Nach etwa fünf Kilometern war es mit der Zivilisation vorbei. Dann kam nur noch Natur. Etwas lichter Wald, ansonsten Dehesas, das heißt Weideflächen mit ein paar Bäumen drauf. Auch Tiere waren hier rar, nur ein paar Hunde, die meist erst laut gebellt haben, sich dann aber gern streicheln ließen. Inzwischen traue ich mich da auch schon an ganz große ran. Hinter einem Zaun weideten ein paar schwarze Schweine, die mal nicht gleich wegrannten. Zwei, die ganz dicht am Zaun beim Eichelnsuchen waren, kamen sogar näher und steckten ihre Schnauzen durch den Zaun. Dank des ausgefallenen Wannenbades haben die mich wohl als einen Artgenossen angesehen. Kurz darauf kamen noch vier weitere dazu und nahmen nebeneinander am Zaun Stellung auf, was aber nicht ganz ohne Rangeleien abging. Als die Standpositionen endlich geklärt waren, schauten mich sechs Steckdosen durch den Zaun an. Niedlich. Die Tiere wissen aber offenbar gar nicht, welchen Marktwert sie besitzen, sonst hätten sie sich nicht einem potenzielle Schlächter so angebiedert.
Gegenüber sollten zwei große Hunde, ein schwarzer und ein weißer, eine Schafherde bewachen. Die kamen aber auch lieber ans Tor und haben sich dort streicheln lassen. Aber das ging immer nur nach-einander. Sobald der zweite Hund dazukam, ging die Eifersüchtelei los und sie haben sich gegenseitig weggedrängt und (vielleicht auch nur aus Spaß) gebissen. Da habe ich mich doch lieber zurückgehalten, um nicht von einem der beiden gebissen zu werden, nur weil ich den anderen gestreichelt habe. Das hatte ich schon mal.
Kurz vor dem Stausee mündete der Weg wieder auf der Straße, die aber nur wenig befahren war und ein gefahrloses Laufen ermöglichte.
Mit der Straße ging es auf einer Brücke über den Stausee, den das Flüsschen „Rivera de Huelva“ hier bildet. Vor und hinter der Brücke gibt es Rastplätze, auf denen ein paar Familien Picknick machten. Ansonsten war kein Mensch zu sehen und zu hören. Eine herrliche Totenstille. Auf dem Wasser war keine Welle zu sehen, der Himmel war blau und mit ein paar Schleierwolken dekoriert und auf den Weideflächen am See waren nicht einmal Tiere zu sehen. Da fiel mir auf, dass man hier zumindest zu dieser Jahreszeit kaum mal einen Vogel zu sehen bekommt. Neben den Hunden und den Haustieren wie Schwein, Rind, Schaf und Ziege habe ich hier bisher nur ein Wildtier zu sehen bekommen: ein Reh, das irgendwie in ein Gehege mit Kühen geraten war. Das hat den Zaun nach einer Lücke abgesucht und ist letztlich mit einem kühnen Sprung über den schulterhohen Stacheldrahtzaun gesprungen, wobei es sich sicher ordentlich wehgetan hat.
Bald hinter dem Stausee ging der Jakobsweg links ab in die Dehesas. Den Umweg wollte ich mir eigentlich in Anbetracht des zwar nicht schmerzenden, aber doch angeschlagenen Beines sparen. Das habe ich zum Glück nicht gemacht, denn hier gab es wieder so viel unberührte Natur zu sehen, in der bloß mal ein paar kleine Herden unterwegs waren. Der Weg war breit und glattgewalzt und offenbar für Ausflügler angelegt, denn an mehreren Punkten gab es Sitzgruppen mit einem schönen Blick auf die Wiesen an dem kleinen Bächlein, das mich begleitet. Aber bis auf ein junges Pärchen auf einem Quad war niemand zu sehen. Es lief sich gut und es war viel zu sehen. Mehr Ansprüche sollte man an einen Pilger-/Wanderweg nicht stellen.
Gegen fünf hatte ich endlich mein Ziel erreicht: Cañaveral de León, ein kleines 400-Seelen-Dorf, das wieder auf einer Bergkuppe liegt. Eine ganz große Besonderheit ist hier eine „Laguna“, das heißt ein großes Wasserbecken mitten im Ort, direkt vor dem Rathaus. Das Becken wird im Sommer sehr eifrig als Swimmingpool benutzt, in der restlichen Zeit dient die als Wasserreservoir. Kein Vergleich mit unseren Feuerlöschteichen. Aber vermutlich dürfte man bei uns kein Feuer mit Wasser löschen, in dem vorher jemand gebadet hat.
Hier gibt es eine Herberge, deren Schlüssel der Bürgermeister verwaltet. Da dieser auf Reisen ist, hat er den Schlüssel angeblich für mich in der Bar deponiert. Laut Fernando würde ich ihn dort im Tausch gegen 10 Euro bekommen. In der Bar „San Sebastian“, unweit der Kirche an der Hauptstraße gelegen, bin ich offenbar auch erwartet worden. Hier habe ich nicht nur was zu trinken, sondern auch „Fleischkrümel mit Soße“ zu essen bekommen - wir würden „Gulasch“ dazu sagen.
Irgendwann fragte mich der Wirt, ob ich schon den Schlüssel für die Herberge habe. Als ich erwiderte, dass ich den von ihm bekommen soll, hat er zum Telefon gegriffen und ein paar Minuten später kam ein Mann mit Rollstuhl, der den Schlüssel hatte und mich zur Herberge am nordwestlichen Stadtrand führte. Das ist eine sehr ordentliche, leise gelegene Herberge wie man sie kennt und sich wünscht: Zwei 4-Bett-Zimmer, zwei Bäder, etwas Küche (Kühlschrank, Mikrowelle, Toaster, Geschirr und Waschbecken) und viel Platz zum Rumsitzen und Essen. Hier werde ich die Nacht gut aushalten. Leider gibt es keine Heizung, aber dafür Decken. Ich hoffe, die reichen aus.
Während ich schreibe, dass es hier keine Heizung gibt, fällt mir auf, dass der Tisch, an dem ich sitze, eine dicke Decke hat, die bis auf den Boden reicht. Das habe ich schon mal bei Anabel und Juan Carlos gesehen und Anabel hat mir vorgeführt, dass man nur die Decke über die Knie legen muss und schon wird es von unten mollig warm. Da ist nämlich unter dem Tisch ein Elektroheizer fest montiert. Ich habe gleich den Stecker in die Dose gesteckt und bin mit den Beinen unter die Decke gekrochen und schon ist mir warm. Tolle Sache. Das wäre eigentlich ein Grund, unter dem Tisch zu schlafen.
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Camino del Sur - Tag 10 | ![]() |